LKW warteten zum Teil mehrere Tage an der Grenze: Was die neue Schengen-Öffnung für Rumäniens Wirtschaft bedeutet

vor 4 Monaten

Blog Image
Bildquelle: NiUS

Die vollständige Schengen-Integration Rumäniens hat eine neue Ära für die Wirtschaft des Landes eingeläutet.

Seit dem 1. Januar 2025 gehören Rumänien und Bulgarien vollständig zum Schengen-Raum, nachdem bereits im Jahr zuvor die Grenzkontrollen für den Flug- und Seeverkehr aufgehoben wurden. Der Wegfall der Passkontrollen an den Landesgrenzen markiert einen entscheidenden Wendepunkt, vor allem für Rumäniens Wirtschaft, die stark auf den Straßengüterverkehr angewiesen ist.

Die bisherigen Grenzkontrollen hatten zu kilometerlangen Staus geführt, die den Gütertransport erheblich beeinträchtigten. Lieferketten gerieten ins Stocken, und internationale Geschäftspartner verloren das Vertrauen in die Zuverlässigkeit rumänischer Unternehmen. Die daraus resultierenden wirtschaftlichen Verluste waren enorm.

An den Grenzen von Rumänien und Bulgarien bildeten sich massive Staus.

Die rumänischen LKW-Fahrer litten besonders unter den langwierigen Grenzkontrollen. Im Durchschnitt warteten sie bis zu 24 Stunden an den Grenzübergängen. Doch an Feiertagen und in den stark frequentierten Sommermonaten erreichten die Wartezeiten Rekordwerte von bis zu fünf Tagen. Die Enttäuschung war groß, als im Jahr 2024 lediglich die Kontrollen für den Luft- und Seeverkehr aufgehoben wurden. Für viele Fahrer fühlte sich die Entscheidung wie eine Missachtung ihrer täglichen Herausforderungen und der zentralen Rolle des Straßengüterverkehrs in der rumänischen Wirtschaft an.

Die Zahlen sprechen für sich: Laut dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss (EESC) verlor Rumänien jährlich 2,32 Milliarden Euro durch die fehlende Schengen-Vollmitgliedschaft. Weitere 90 Millionen Euro kamen jährlich durch Verzögerungen im Straßentransport hinzu. Seit dem ersten Antrag auf Schengen-Mitgliedschaft im Jahr 2011 summierten sich die Verluste auf insgesamt etwa 90 Milliarden Euro.

Der Straßengüterverkehr spielt eine zentrale Rolle in Rumäniens Wirtschaft. Mit einem jährlichen Beitrag von über 7,81 Milliarden Euro zum Bruttoinlandsprodukt ist er Rumäniens wichtigster Dienstleistungsexport. Die bisherigen Einschränkungen bremsten dieses Potenzial massiv aus. Eine Sprecherin des nationalen Verbands der Straßentransporteure aus Rumänien bezeichnete das als eine „Strafe für die rumänische Wirtschaft“.

Die vollständige Schengen-Integration war lange überfällig. Österreich blockierte den Beitritt Rumäniens und Bulgariens bis Dezember 2024 mit Verweis auf Sicherheitsbedenken, insbesondere in Bezug auf illegale Migration. Nach verstärkten Maßnahmen an der EU-Außengrenze, darunter die Entsendung von 100 Grenzschützern, hob Wien sein Veto schließlich auf.

In Rumänien und Bulgarien sorgte die Blockade jedoch für Unmut. Der Verdacht, dass innenpolitische Überlegungen eine größere Rolle spielten als Sicherheitsfragen, bleibt bestehen – vor allem, da Kroatien trotz ähnlicher Herausforderungen bereits im Jahr 2023 Schengen-Mitglied wurde. Die Vermutung liegt nahe, dass Österreichs zögerliche Haltung auch mit dem anstehenden Wahlkampf zusammenhing. Die Regierung in Wien wollte sich als entschlossener Akteur in der Migrationspolitik präsentieren, um Wähler anzusprechen, die eine striktere Kontrolle der EU-Außengrenzen fordern.

Österreichs Innenminister Gerhard Karner äußerte bis zuletzt Bedenken über den Eintritt der beiden Länder in den Schengenraum.

Die Sorgen über einen möglichen Anstieg illegaler Migration durch die Schengen-Erweiterung bleiben berechtigt. Österreich hatte befürchtet, dass die Kontrolle der EU-Außengrenze nicht ausreicht, um die Zahl der Migranten zu begrenzen, die über die Balkanstaaten nach Westeuropa gelangen. Obwohl zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen, wie die Verstärkung der bulgarisch-türkischen Grenze, umgesetzt wurden, bestehen weiterhin Risiken, dass Sicherheitslücken ausgenutzt werden. Innenministerin Nancy Faeser betonte jedoch in Brüssel: „Rumänien und Bulgarien haben große Anstrengungen übernommen, um alle Standards zu erfüllen. Es ist wichtig, dass wir auch diese sichtbaren Anstrengungen für einen starken Schutz der EU-Außengrenzen anerkennen.“

Das Schengen-System setzt auf das Vertrauen, dass alle Mitgliedsländer ihre Außengrenzen effektiv schützen. Sollte dies nicht gewährleistet sein, könnten andere Länder den Druck spüren, wieder Grenzkontrollen einzuführen, was das gesamte System destabilisieren könnte. Deutschland könnte dann ebenfalls auf schärfere Grenzkontrollen zurückgreifen.

Lesen Sie auch: 37.449 unerlaubte Einreisen seit Sommer: So ernst ist die Lage an unseren Grenzen

Publisher Logo

Dieser Artikel ist von NiUS

Klicke den folgenden Button, um den Artikel auf der Website von NiUS zu lesen.

Weitere Artikel