Medienaufsicht fordert Beschränkung von Wahlwerbespot der AfD Brandenburg – die Partei will dagegen klagen

vor 3 Monaten

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Bildquelle: NiUS

Die Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) hat die AfD Brandenburg aufgefordert, einen Wahlwerbespot zu löschen oder für Jugendliche bis 16 Jahren einzuschränken. Der Spot verstoße gegen den Jugendschutz. Demnach soll die Partei das auf mehreren Plattformen publizierte Video entweder löschen oder mit technischen Mitteln verhindern, dass Kinder und Jugendliche es ansehen können, heißt es in dem Bescheid der MABB, der NIUS vorliegt. Zudem müsse die Partei eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 1.000 Euro entrichten.

Grundlage ist ein Beschluss der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM), die wiederum ein Organ der Landesmedienanstalten ist. Sollte die AfD der Verfügung „nicht innerhalb einer Frist von einer Woche ab Zustellung des Bescheides nachkommen“, werde ein Zwangsgeld in Höhe von 1.500 Euro festgesetzt, schreibt die Aufsichtsbehörde.

Die AfD Brandenburg hatte am 14. September einen KI-Wahlwerbespot zur Wahl am 22. September veröffentlicht. Den Clip verbreitete die AfD Brandenburg auf X, Facebook, Instagram, TikTok und ihrer eigenen Website. Zahlreiche Nutzer und Medien hatten die Darstellung als rassistisch kritisiert.

Laut dem Beschluss der Medienanstalt verstößt die AfD mit ihrem Video gegen Paragraf 5 Absatz 1 des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages. Darin heißt es: „Sofern Anbieter Angebote, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen, verbreiten oder zugänglich machen, haben sie dafür Sorge zu tragen, dass Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufen sie üblicherweise nicht wahrnehmen.“ Die Altersstufen untergliedern sich in „ab 6 Jahren“, „ab 12 Jahren“, „ab 16 Jahren“ und „ab 18 Jahren“.

Die MABB hatte am 9. Oktober 2024 ein Verwaltungsverfahren eingeleitet. Die AfD verschickte daraufhin am 22. Oktober 2024 eine Stellungnahme an die MABB, in der man den Vorwürfen widersprach und unter anderem erklärte, dass kein Verstoß gegen § 5 Abs. 1 JMStV vorliege, da die Telemedienangebote nicht entwicklungsbeeinträchtigend seien. Das ließ die MABB jedoch nicht gelten.

Im jetzigen Schreiben heißt es, der Wahlwerbespot sei Kindern unter 16 Jahren nicht zuzumuten: „Die Entwicklungsbeeinträchtigung betrifft Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre. Der Anbieter hält dennoch keine ausreichenden Wahrnehmungshindernisse vor.“ Zur Begründung schreibt die MABB: „Die Telemedienangebote sind aufgrund der Art der Darstellung sowie der konkreten Aufbereitung geeignet, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen. Die Art der Darstellung ist pauschal diskriminierend und schafft ein von den Personen mit dunkler Hautfarbe und Haaren ausgehendes Bedrohungsszenario.“

Eva Flecken, Direktorin der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB).

Die AfD würde hier eine „gezielte Manipulation“ vornehmen. „Durch die konkrete Art der Darstellung wird durch die Bilder pauschalisierend transportiert, dass Menschen mit dunkler Hautfarbe kriminell, böse und bedrohlich seien. Es wird der Anschein erweckt, Mütter müssten deshalb Sorgen um ihre Kinder haben und Jugendliche müssten vor gewalttätigen Übergriffen durch diese Personen geschützt werden.“

Diese Form der „überspitzten Darstellungen“ mag „durchaus ein zulässiges Mittel im politischen Wahlkampf sein“, stelle jedoch „eine Beeinträchtigung für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren“ dar. Die in Rede stehenden Inhalte widersprechen den demokratisch verankerten Grundwerten von Toleranz, gegenseitigem Respekt und Gleichheit aller Menschen. Das Video enthalte „rein fiktive Bilder (Straßen in denen ausschließlich Frauen zu sehen sind, die Niqabs tragen, zerstörte Straßen in Deutschland), die keine Entsprechung in der Realität haben“.

AfD-Landeschef René Springer kann die Entscheidung nicht nachvollziehen. Er wirft den Behörden Zensur vor: „Wir sehen in der Entscheidung der Medienanstalt Berlin-Brandenburg einen schweren Eingriff in die Meinungsfreiheit und die Betätigungsfreiheit politischer Parteien, die laut unserem Grundgesetz an der politischen Willensbildung mitwirken. Mit dieser Maßnahme wird die Chancengleichheit der politischen Parteien faktisch ausgehebelt – und das mitten im Wahlkampf. Diese Zensurmaßnahme der Medienanstalt Berlin-Brandenburg stellt einen Angriff auf die Demokratie dar.“

Wer aber hat eigentlich das Verfahren gegen die AfD eingeleitet? Das entscheidende Gremium des MABB ist der Medienrat. Dieser besteht aus neun Mitgliedern, von denen jeweils vier durch den Brandenburger Landtag und das Abgeordnetenhaus von Berlin mit einfacher Mehrheit gewählt werden. Das neunte Mitglied, das zugleich den Vorsitz im Medienrat innehat, wird von beiden Länderparlamenten jeweils mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit gewählt. Der Medienrat überwacht die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen, ist also auch im vorliegenden Fall verantwortlich. Wer sind die neun Mitglieder?

Den Vorsitz über das Gremium hat der SPD-Politiker Martin Gorholt inne. Er war zuletzt Chef der Staatskanzlei Brandenburg. Vizepräsidentin ist die CDU-Politikerin Gabriele Wiechatzek, die lange Jahre für die Union im Abgeordnetenhaus von Berlin saß und von 1990 bis 1994 auch Mitglied des Bundestags war. Dann wäre da noch Markus Beckedahl, der Gründer und Chefredakteur des Blogs Netzpolitik.org. Zuvor war er auch in der Grünen Jugend aktiv.

Der damalige SPD-Bundesgeschäftsführer Martin Gorholt führt zusammen mit SPD-Generalsekretär Hubertus Heil im Jahre 2007 eine Pressekonferenz durch.

Medienrat Stephan Goericke ist Unternehmer und arbeitete früher als Pressesprecher des Brandenburger CDU-Landesverbandes unter Innenminister Jörg Schönbohm. Danach leitete Goericke Wahlkämpfe für Europa,- Bundestags-, Landtags- und Kommunalwahlen und war Mitarbeiter von Europa-, Bundestags- und Landtagsabgeordneten der Union. Das Mitglied Bijan Moini ist Schriftsteller und als Autor für den linken Blog Volksverpetzer tätig. Bärbel Romanowski-Sühl machte in der DDR Karriere beim Fernsehen und war unter anderem Moderatorin beim staatlichen Sender Deutscher Fernsehfunk. Julia von La Chevallerie ist gelernte Journalistin und Gründerin des Potsdamer Cafés „Miss Green Bean". Sie befand sich bereits in Rechtsstreitigkeiten mit der AfD, Eilanträge von ihr vor dem Landgericht Potsdam wurden jedoch abgewiesen. Ein achtes Mitglied des Medienrats ist der Schauspieler Steffen Schroeder.

Die Direktorin des MABB, die zugleich Mitglied der Kommission für Jugendmedienschutz ist, ist Eva Flecken, die in einer Sitzung des Medienrats am 16. Dezember 2024 in ihrem Amt bestätigt wurde. Die 41-Jährige veröffentlichte kürzlich mit zwei weiteren Autoren einen Gastbeitrag in der FAZ mit dem Titel: „Musk und Zuckerberg greifen unsere Freiheit an.“ Der Gesetzgeber müsse etwas dagegen tun. Gegen den Bescheid der MABB kann die AfD innerhalb eines Monats nach Zustellung der Klage vor dem Verwaltungsgericht Potsdam Einspruch einlegen.

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