Wie viele lockt die Merz’sche Leimrute von der SPD zur Union, damit alles bleibt, wie es ist?

vor 3 Monaten

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Bildquelle: Tichys Einblick

Wie Friedrich Merz die Leimrute ausgelegt hat, um möglichst viele Gutgläubige – vor allem von AfD und CDU weg – zum Kreuzlmachen bei der Christenunion zu locken, ist – höflich formuliert – dilettantisch. Das wurde auf TE vielfach beschrieben. Die Zahl der Leute ist sehr groß, denen völlig klar ist, am Scheunentor Asyleinwanderung ändert die Operation Merz nichts, nada, null. ER soll als Hoffnungsträger vielfach Enttäuschte ködern. Die Entschiedenen sind längst bei der AfD, besonders Leidtragende der Zuwanderung oft noch bei der SPD, darunter viele aus der früheren Gastarbeiter-Bevölkerung. Deshalb kann Merz vor allem der SPD Stimmen wegnehmen.

Es gibt eine Schnittmenge von AfD, CDU, CSU und SPD (mit FDP, FW und BSW auch), deren Größe man am Aspekt einer aktuellen Umfrage erahnen kann, die ich im Einblick am Morgen nannte (Hervorhebungen von mir):

66 Prozent sind dafür, illegale Migranten und Asylsuchende zurückzuweisen: 85 Prozent der Unions-Wähler und 86 der AfD. 19 Prozent aller Befragten sind dagegen, sechs Prozent wollen sich nicht äußern. 56 Prozent SPD-Wähler unterstützen den Plan von Merz, 30 Prozent lehnen ihn ab. Bei den Grünen sind 52 Prozent dagegen, 30 Prozent dafür.

Das ist für die SPD gefährlich. Merz zielt auf ihr Wählerpotential.

Pi mal Daumen kommen da schnell 10, 15 Prozentpunkte zusammen. So viele werden sich natürlich nicht bewegen. Als am Ende einzig „offene“ Frage dieser Bundestagswahl zeichnet sich ab: Wie viele Prozentpunkte kostet die Merz-Leimrute die SPD? (Was sie von den schwächelnden Grünen abbekäme, änderte am Rotgrünroten-Schwarzgelben Saldo nichts.) Der AfD wird Merz wenig abnehmen, wer die wählen will, ist durch ein langes Abhärtungsbad gegangen – beschimpft, ausgegrenzt und verteufelt seit Jahren. Wer danach immer noch die AfD als Präferenz nennt, ist kaum abwerbbar, von Merz verführbar.

Halt, werden viele TE-Leser sagen, die Leute lassen sich doch von Merz nicht mehr leimen. Obacht, Zeitgenossen.

Sie, wir alle, die ein festes Urteil von CDU und CSU haben, nicht erst seit Merkel, aber seither noch schärfer, dass von der Partei Adenauers nichts übrig geblieben ist, nichts, nada, null – übersehen leicht, wie tief verankert bei der Schnittmenge der Leute, für die Rot-Grün-Rot nicht infrage kommt, die Sehnsucht ist, es könne doch alles irgendwie wieder in Ordnung kommen, ohne selbst seine geliebte, heimelige Nische zu verlassen. Selbst wenn man weiß, was Merz tut, ändert die Asyleinwanderung und ihre Folgen nicht, aber vielleicht, hoffentlich, irgendwie ändert sich doch die Stimmung, wenn Merz es im Bundestag versucht – und nicht ablässt, weil die AfD mitstimmt.

Ursula Münch beschreibt die Schnittmenge, von der ich rede, sehr gut.

Glauben Sie mir, werte TE-Leser, die meisten Menschen entscheiden nicht rational, sondern emotional. Gefühle bestimmen über den Verstand, nicht umgekehrt. Den Verstand benutzen wir unbewusst zur Begründung unserer Gefühlsentscheidungen – vor allem vor uns selbst. Was einschließt, dass die meisten das natürlich vor sich selbst nie zugeben (können).

In der Sache geht es bei dieser Bundestagwahl um noch weniger als schon bei den vergangenen Wahlen. Das unterscheidet Deutschland von Grundsatzentscheidungen, die etwa bei der US-Präsidentenwahl zur Wahl standen. Trump oder Harris, das waren konträre Politikangebote, und der Gewinner Trump setzt seine Vorhaben konsequent und ja: mit einer gewissen Brutalität um. In Deutschland geht es nur darum, genügend Stimmen für die Besetzung der Hinterzimmer zusammenzukratzen, in dem dann Koalitionen geknüpft und Kanzler gekürt werden, bevor der Bundestag schlucken darf, was ihm dort vorgekaut serviert wird. Konkret geht es am Ende eben nur um die Frage, wie viel die SPD durch die Merz’sche Leimrute von den demoskopisch ohnehin nur 16 Prozent noch verliert, ehe sie mit Merz koaliert. Verliert die SPD deutlich, kommen die Grünen wieder als Regierungsmacher sichtbar ins Spiel, um dann gemeinsam mit der SPD Merz auf Ampelkurs zu halten.

Am 23. Februar ist die Urnenwahl zum Bundestag. Liegen Sie mit Ihrer Prognose besser als die Demoskopen? Machen Sie mit bei der TE-Wahlwette!

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