Warum der gestiegene Mindestlohn in die wirtschaftliche Katastrophe führt

vor etwa 4 Stunden

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Halleluja! Die Mindestlohnkommission hat gesprochen und ihr Wort auch sogleich verkündet!

Der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland soll in zwei Schritten von derzeit 12,82 Euro auf 13,90 Euro zum 1. 1. 2026 und auf 14,60 Euro zum 1. 1. 2027 steigen. Dieser Beschluss muss formell noch vom Bundesarbeitsministerium umgesetzt werden, aber das ist wirklich nur noch eine Formalie, denn mit einer Bundesarbeitsministerin namens Bärbel Bas von der SPD besteht nicht der geringste Zweifel daran, dass sie das der Bundesregierung vorschlagen und diese dann den neuen Satz durch Anpassung der Rechtsverordnung verbindlich machen wird.

Christiane Schönefeld (r), Vorsitzende der Mindestlohnkommission, Steffen Kampeter (M) Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und Stefan Körzell, Mitglied des Geschäftsführenden Bundesvorstands des Deutschen Gewerkschaftsbunds DGB, nehmen an der Pressekonferenz der Mindestlohnkommission teil.

Und von einem Kanzler Merz und einer CDU, die zwar einen von der Regierung verordneten Mindestlohn von 15 Euro ablehnt, ihn aber gerne akzeptiert, solange er von der Mindestlohnkommission kommt (was auf dasselbe hinausläuft), wird natürlich auch kein Widerstand kommen. Bis auf die FDP finden sowieso alle deutschen Parteien den Mindestlohn gut – Grüne, Linke und SPD sind davon regelrecht begeistert, die CDU, die immer gerne mitschwimmt, wenn der Strom nach links fließt, irgendwie auch, und sogar die AfD ist mit von der Partie, solange der Mindestlohn nur „sozialverträglich“ ist – was immer das heißen mag.

Deutschland ist bekanntlich eine Konsensgesellschaft. Alles, was hier entschieden wird, wird von der Mehrheit in sanfter Einmütigkeit stets vernünftig und sehr sozialverträglich beschlossen. „Es waren einmal zwei Sozialpartner“, heißt es in den Medien zu allen strittigen Fragen andauernd im Märchenton der Brüder Grimm, die eine „konstruktive Lösung gefunden haben.“ So verhält es sich auch mit dem Mindestlohn, denn der wird durch eine vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) berufene Kommission festgelegt.

Bundeskanzler Friedrich Merz

Die besteht aus drei Arbeitgeber- und ebenso vielen Arbeitnehmervertretern, zwei Wirtschaftsprofessoren und einer (angeblich) zur Neutralität verpflichteten Vorsitzenden. Das sollte in der Theorie zu einem Ausgleich von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen führen, was jedoch in der Praxis nie geschieht, da auch hier das zwanghafte Streben nach Konsens jede Diskussion trübt und am Schluss meist das rauskommt, was Gewerkschaften und Arbeitnehmer wollen.Aber vielleicht ist diese arbeitnehmerfreundliche Schieflage ja gar nicht schlimm, weil mehr Geld in der Tasche für die Menschen im Niedriglohnsektor gut für alle ist, oder? Mehr Geld ist doch immer besser als weniger, richtig?

Leider nein. Der Mindestlohn ist keine gute Sache, in Wirklichkeit sollte es ihn überhaupt nicht geben. Das ist zumindest das Verständnis einer Anzahl markliberaler Ökonomen, insbesondere aus der österreichischen Schule der Nationalökonomie. Ich stütze mich hier auf Leute wie Ludwig von Mises, Henry Hazlitt, Friedrich von Hayek und Milton Friedman, deren Argumente gegen den Mindestlohn ich hier kurz zusammenfasse.Der größte und grundlegendste Nachteil des Mindestlohns ist der, dass der Staat damit in einen der zentralen Preismechanismen des freien Marktes eingreift. Jede Festlegung von Löhnen durch den Gesetzgeber stört das Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage und führt zur Fehlallokationen von Ressourcen. Das bedeutet: Die Arbeitskräfte werden nicht dort eingesetzt, wo sie am effizientesten wären, sondern woanders, wo sie Wirtschaft und Gesellschaft weniger oder gar nichts bringen.

Ein kleines Beispiel zeigt das schön: Die Betreiberin eines Cafés in der Kreuzberger Wrangelstraße möchte eine Kraft einstellen, die Tische abräumt und Geschirr spült, kann ihr aber gemäß ihrer Kostenkalkulation maximal zehn Euro zahlen – und damit nicht den aktuellen Mindestlohn von 12,82 Euro. Also räumt die Inhaberin die Tische jetzt selbst ab und least eine neue Geschirrspülmaschine – wodurch eine Studentin, die gerne für zehn Euro in der Stunde gearbeitet hätte, keine Arbeit findet.

Kaum einem Befürworter des Mindestlohns ist bewusst, dass dieser Zwangslohn Arbeitslosigkeit schafft und gering Qualifizierte, Jugendliche und Langzeitarbeitslose aus dem Arbeitsmarkt entweder verdrängt oder ihren Wiedereinstieg erschwert. In der Konsequenz hat der Mindestlohn aber noch ganz andere Auswirkungen: Unternehmer, die viele Mitarbeiter im Niedriglohnsektor beschäftigen (Gastronomie, Hotellerie, Gebäudereinigung, Landwirtschaft), müssen durch immer höhere Mindestlöhne eine stärkere Auslese betreiben. Kein Unternehmer der Welt kann auf Dauer Leute beschäftigen, die nicht produktiv genug arbeiten, um nicht mindestens ihren Stundenlohn und den marktüblichen Deckungsbeitrag zu erwirtschaften.

Je höher nun der Mindestlohn, desto strenger wird der Unternehmer darauf achten, ausschließlich Mitarbeiter zu beschäftigen, die sich rentieren. Im Gegenzug bedeutet das aber: Wer sich nicht rentiert – und das sind oft Ältere, schlecht Ausgebildete, Migranten, sozial Schwache oder durch Krankheiten und Behinderungen eingeschränkte Mitarbeiter – fliegt raus. Und landet dann in der Dauerarbeitslosigkeit und bezieht irgendwann Bürgergeld.

Finanzminister Lars Klingbeil freut sich über mehr Einnahmen für den Staat.

Aus Sicht der Arbeitgeber stellt der Mindestlohn und seine beständigen Erhöhungen ein Problem für alle die Branchen dar, die mit massivem Personaleinsatz und geringen Margen arbeiten. Auch hier genügt ein Beispiel: In Deutschland arbeiten rund 1,88 Millionen Menschen im Gastgewerbe, davon etwa 969 000 (51,7 Prozent) im Niedriglohnbereich mit Stundenlöhnen unterhalb von 13,79 Euro. Jeder Euro beim Mindestlohn mehr führt deshalb in der Gastronomie zu weniger Arbeitsplätzen und mehr Stundenkürzungen, mehr Schwarzarbeit, weniger Ausbildungsplätzen und mehr Automatisierung. Kleine Betriebe müssen dadurch nicht selten aufgeben, während größere ihre Preise erhöhen und ihr Serviceangebot einschränken, also die Speisekarte reduzieren, früher schließen oder die Rezeption nur noch stundenweise besetzen. Die Bilanz muss deshalb lauten: In einer so personalintensiven Industrie wie der Gastronomie, in der 4,4 Prozent aller Beschäftigten in Deutschland arbeiten, hat der Mindestlohn verheerende Auswirkungen, die uns alle treffen – und wenn wir nur einen Espresso trinken.

Der Mindestlohn wurde – wie so vieles andere Schädliche – von der Kanzlerin Merkel eingeführt, und zwar am 1. 1. 2015. Damals lag er bei 8,50 Euro. Seitdem zeigt die Kurve steil nach oben, hier sind die Einzelwerte: 2015: 8,50 Euro; 2017: 8,84 Euro; 2019: 9,19 Euro; 2020: 9,35 Euro; 2021: 9,50 Euro; 2021: 9,60 Euro; 2022: 9,82 Euro; 2022: 10,45 Euro; 2022: 12,00 Euro; 2024: 12,41 Euro; 2025: 12,82 Euro; 2026: 13,90 Euro; 2027: 14,60 Euro.

Berechnet man auf der Basis der Zahlen des Statistischen Bundesamtes das Wachstum des Mindestlohns von 2015 bis 2025, dann erhält man satte 50,8 Prozent. Im selben Zeitraum ist der Tariflohnindex (ebenfalls auf Basis Destatis) aber nur um 24,9 Prozent gewachsen. Das bedeutet: Der Mindestlohn hat sich in den zehn Jahren seiner Existenz nicht nur fast verdoppelt, sondern ist auch noch doppelt so stark gestiegen wie die durchschnittlichen Tariflöhne. Das ist eine verheerende Entwicklung, die für die Zukunft absolut nichts Gutes verheißt – wie wir gleich sehen werden.Wer in der Schule oder im Studium nichtlineare Mathematik hatte, der wird feststellen, dass sich durch die historischen Jahreswerte des Mindestlohns eine quadratische Regressionskurve legen lässt, womit sich Werte in der Zukunft prognostizieren lassen. Meine Regressionsgleichung lautet so: Mindestlohn(y) = 0,05 × (Jahr)² − 214 × (Jahr) + 215 630.

Berechne ich damit den Mindestlohn für die nächsten zehn Jahre, dann ergibt sich für 2030 ein Mindestlohn von 19 Euro pro Stunde und für 2035 einer von 28 Euro. Diese Werte halte ich für ausgesprochen realistisch, weil der Mindestlohn ganz klar ein Lieblingskind der Politik ist und damit Wählerstimmen zu gewinnen sind – weshalb (mit Ausnahme der fast bedeutungslosen FDP) auch in Zukunft allen Parteien daran gelegen sein wird, den Satz jedes Jahr kräftig zu erhöhen.

Angela Merkel (CDU), Bundeskanzlerin a.D

Um jetzt zu sehen, was passiert, wenn diese Entwicklung – wie hier prognostiziert – weitergeht, betrachten wir einen typischen Landgasthof („Gasthof zur Post“) im Münchner Umland und analysieren, wie es dem ergeht, wenn der Mindestlohn im Jahr 2035 bei 28 Euro liegt. Im Moment läuft es in der Post noch einigermaßen rund. Der Betrieb beschäftigt 25 Mitarbeiter, davon 13 zum gesetzlichen Mindestlohn von 12,81 Euro – meist Aushilfen und ungelernte Kräfte im Service, in der Küche und im Bereich Reinigung. Der Gasthof (100 Innenplätze, 120 im Biergarten) macht im Jahr mit Stammgästen, Feiern und Touristen rund 1,8 Millionen Euro Umsatz brutto und erwirtschaftet nach Abzug von Wareneinsatz, Löhnen (620.000 Euro) und Fixkosten einen Gewinn von 50.000 Euro vor Steuern. Das ist noch solide, aber keineswegs üppig. Das Schnitzel „Wiener Art““ mit Pommes und Salat kostet im Moment 18,90 Euro.

Wiener Schnitzel mit Pommes.

Jetzt reisen wir mit unserer Zeitmaschine in das Jahr 2035 und werfen wieder einen Blick in die Buchhaltung der Post. Inzwischen ist der Mindestlohn auf 28 Euro pro Stunde gestiegen. Dadurch sind die reinen Personalkosten im Gasthof zur Post um rund 500.000 Euro auf jährlich 1,12 Millionen Euro gestiegen – fast das Doppelte von heute, was hauptsächlich durch die Erhöhungen beim Mindestlohn verursacht wurde. Im selben Zeitraum konnte der Betrieb aber die Preise für Speisen, Getränke und Übernachtungen nur um drei Prozent pro Jahr erhöhen, was im langjährigen Mittel in der deutschen Gastronomie ohnehin ein hoher Wert ist.

Das Schnitzel „Wiener Art“ kostet jetzt 25 Euro, aber dieser Preis deckt kaum die Kosten. Trotz kontinuierlicher Preiserhöhungen steht der Gasthof Post im Jahr 2035 viel schlechter als heute da, weil er jetzt durch die erhöhten Personalkosten im Jahr einen Verlust von 111.000 Euro macht. Um den Gewinn des Jahres 2025 auch im Jahr 2035 zu erzielen, hätten die Betreiber der Post die Preise jedes Jahr um rund 6,6 Prozent erhöhen müssen, wodurch das Wiener Schnitzel 2035 bei 34 Euro hätte liegen müssen – ein vollkommen unrealistischer Preis.

In Summe bedeutet das: Das Eigenkapital der Wirtsleute wird ab jetzt rapide aufgezehrt, das Rating der Banken geht in den Keller, neue Kredite sind nur noch schwer und wenn, dann teuer zu bekommen. Ganz plötzlich steht der seit vier Generationen im Familienbesitz befindliche Gasthof Post, der das gesamte Vermögen der Betreiberfamilie darstellt, vor dem Ende – ja, sogar eine Insolvenz ist möglich. Und das alles nur, weil Parteien, Minister und Angehörige einer Kommission, die von der echten Wirtschaft keine Ahnung haben, dem gesamten Niedriglohnsektor staatlicherseits eine Bezahlung verordnet haben, die dieser weder verdient noch erwirtschaften kann.

Das Fazit muss deshalb lauten: Der Mindestlohn hat nur Nachteile – und zwar sowohl für die im Niedriglohnsektor Beschäftigten als auch für die Verbraucher, für die deutschen Unternehmen und damit für die gesamte Wirtschaft. Der Mindestlohn erhöht die Arbeitslosigkeit, drängt ganze Bevölkerungsschichten in die Abhängigkeit von Bürgergeld und Transferzahlungen, verschlechtert Service und Qualität quer durch alle Branchen für alle Bürger und führt in lohnintensiven Bereichen mit niedrigen Margen zu Betriebsaufgaben, Insolvenzen und Kapitalvernichtung.

Mehr NIUS: Einigung knapp unter SPD-Traummarke: Mindestlohn steigt 2027 auf 14,60 Euro

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