
Ganz Deutschland diskutiert über das geheime Gutachten des Bundesamtes für Verfasssungsschutz (BfV), das die Einstufung der AfD als „gesichert rechtsextremistisch“ belegen soll. Doch eine inhaltliche Debatte war bislang nicht möglich. Das 1108 Seiten umfassende Gutachten ist unter Verschluss. „Ich bitte um Verständnis, dass wir das Gutachten nicht zur Verfügung stellen können, da es sich um ein eingestuftes internes Behördendokument handelt“, teilte eine Sprecherin des Innenministeriums am 5. Mai auf Anfrage von NIUS mit.
Nancy Faeser veröffentlichte die Ergebnisse des Geheimgutachtens wenige Stunden vor ihrem Ende im Amt.
Deutschland kennt also die konkreten Gründe gar nicht, weshalb die größte Oppositionspartei, die laut Umfragen inzwischen ein Viertel der Deutschen hinter sich versammelt, „gesichert rechtsextremistisch“ sein soll. Das muss sich ändern. NIUS liegt das komplette Gutachten vor, weshalb wir entschieden haben, ebenso wie das Magazin Cicero das Papier der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Im öffentlichen Raum sollte eine intensive inhaltliche Debatte möglich sein: Ist die Einstufung der AfD gerechtfertigt? Überzeugen die vorgelegten Beweise? Hat der Verfassungsschutz seine Grenzen und Befugnisse überschritten?
Cicero-Autor Mathias Brodkorb schreibt dazu: „Wir finden im Gutachten des Verfassungsschutzes also beiderlei: eindeutig ‚harmlose‘ und eindeutig verfassungswidrige Äußerungen. Der Verfassungsschutz erklärt sie gleichwohl alle samt und sonders zu verfassungsfeindlichen Aussagen. Das ist nicht nur wenig überzeugend, es ist offenkundig falsch.“
Die beiden Parteichefs der AfD, Alice Weidel und Tino Chrupalla, bei einem Pressetermin.
Staatsgeheimnisse werden durch die Veröffentlichung ohnehin nicht bedroht. Denn geheime Informationen, die etwa durch V-Leute gewonnen wurden, flossen nicht in das Gutachten ein. Es handelt sich um eine reine Zitatensammlung – das gibt selbst der Verfassungsschutz zu. Als Belege wurden im Gutachten „programmatische Schriften und Grundsatzpapiere, Publikationen, Verlautbarungen auf Internetpräsenzen und in sozialen Netzwerken sowie Aussagen im öffentlichen Raum wie zum Beispiel Reden auf Wahlkampfveranstaltungen und Demonstrationen herangezogen“, erklärt der Verfassungsschutz seine Methodik. „Auf die Verwendung von Redebeiträgen aus dem parlamentarischen Raum wurde angesichts des dahingehend bestehenden erhöhten Schutzstatus durch Art. 38 GG verzichtet.“Hier finden Sie das gesamte Gutachten