
Im Vorfeld der auf Februar vorgezogenen Bundestagswahl zeichnet sich ein neuer Trend in der politischen Kommunikation in Deutschland ab. Parteien wie SPD, Grüne, FDP, CDU/CSU und Die Linke haben entschieden, nur noch bestimmten, als „gesellschaftlich relevant“ erachteten Verbänden und Organisationen Informationen zu ihren Wahlprogrammen zu gewähren, berichtete das Magazin Tichy’s Einblick. Zudem präsentierte das Magazin interne Mails von Grünen und SPD, die diese Vorgänge belegen.
Normalerweise ist es vor Wahlen üblich, dass Verbände und Interessengruppen die Parteien um Antworten auf ihre Wahlprüfsteine bitten – also Fragen zu politischen Themen, die für die jeweilige Gruppe von Bedeutung sind. Doch in diesem Wahlkampf haben die großen Parteien eine neue Praxis eingeführt: Sie wollen nur noch Wahlprüfsteine von wenigen, „vorab vereinbarten“ Organisationen beantworten. In einem Schreiben, das an verschiedene Verbände verschickt wurde, heißt es: „Angesichts der sehr verkürzten Zeitläufe in diesem Bundestagswahlkampf haben sich die Generalsekretäre der Parteien SPD/Bündnis 90/Die Grünen/FDP/CDU/CSU/Die Linke darauf geeinigt, nur Wahlprüfsteine von einigen wenigen vorab gemeinsam vereinbarten, die gesamte Breite des gesellschaftlichen Spektrums repräsentierenden Verbänden und Organisationen zu beantworten.“
Diese Entscheidung hat zur Folge, dass viele kleinere oder unliebsame Verbände, die traditionell eine wichtige Rolle in der politischen Auseinandersetzung spielen, nun von den genannten Parteien ausgeschlossen werden. Damit erhalten nur diejenigen Organisationen Antworten, die sich in das Bild der Parteien fügen oder von ihnen als „gesellschaftlich relevant“ eingestuft werden.
Tichy’s Einblick zufolge arbeiten die Parteien zusätzlich an einer begrenzten Anzahl von Wahl-o-mat-Formaten, die ebenfalls nur vorab ausgewählten Organisationen zugänglich gemacht werden. Diese Wahlhilfen, die Wählern helfen sollen, eine informierte Entscheidung zu treffen, könnten so zu einem weiteren Instrument der politischen Einflussnahme werden. „Darüber hinaus bearbeiten die Parteien eine begrenzte Anzahl an Wahl-o-mat-Formaten, die ebenfalls gemeinsam vorab ausgewählt wurden“, heißt es.
Wahlprüfsteine waren einst ein bewährtes Mittel der politischen Meinungsbildung. Verbände konnten sich durch diese Anfragen die Positionen der Parteien zu wichtigen Themen einholen und sich so eine fundierte Meinung bilden.