Observationen und Entlassungen: Jetzt soll der Druck auf AfD-Mitglieder massiv erhöht werden

vor 3 Tagen

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Bildquelle: Apollo News

Unter Paragraf 64 des Bundesbeamtengesetzes ist ein entscheidendes Kriterium für die Erhebung in den Staatsdienst vorgesehen: die „Eidespflicht“. Nur wer sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennt, darf verbeamtet werden. Mit der Neueinstufung der AfD als „gesichert rechtsextremistisch“ durch das Bundesamt für Verfassungsschutz wird dieser Paragraf jetzt auf die Probe gestellt: Dürfen AfD-Mitglieder künftig überhaupt noch als Beamte oder überhaupt im Staatsdienst tätig sein?

Grundsätzlich ist das möglich. Die Frage ist allerdings, ob Bund und Länder das zulassen. Im SPD-regierten Saarland forderten die aktuell bei sechs Prozent stehenden Grünen unmittelbar nach der Neueinstufung am Freitag eine Überprüfung der AfD-Mitglieder im Staatsdienst (Apollo News berichtete). Auch die Innenminister von Hessen und Bayern brachten eine individuelle Überprüfung ins Spiel.

„Wir werden prüfen, inwieweit die Einstufung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz Auswirkungen auf AfD-Mitglieder und Funktionäre im öffentlichen Dienst hat“, verkündete der hessische Innenminister, Roman Poseck, gegenüber Bild. Sein bayerischer Amtskollege, Joachim Herrmann, pflichtete ihm bei: „Wir müssen auch prüfen, welche Konsequenzen diese Einstufung für die Tätigkeit von AfD-Mitgliedern im öffentlichen Dienst haben muss.“

Damit würde also die Neueinstufung der AfD als Anlass genommen, Beamte unter die Lupe zu nehmen – dabei hat sich durch das Gutachten des Verfassungsschutzes nichts an der Ausrichtung der Partei oder ihrer Mitglieder geändert. Sie werden behördenintern lediglich anders eingeordnet. Einen Automatismus zur massenhaften Entlassung gibt es daher zunächst nicht. Sanktioniert werden dürfte eine Parteimitgliedschaft erst, wenn die AfD tatsächlich vom Bundesverfassungsgericht als verfassungsfeindlich eingestuft werden würde. Bis dahin muss jeder Einzelfall individuell überprüft werden.

Bereits im Januar war durch einen Bericht der Jungen Freiheit bekannt geworden, dass im Intranet der Bundespolizei eine Meldung zur Mitgliedschaft in einer „gesichert rechtsextremen Partei“ die Runde machte: „Keine gute Idee“, wurden die Beamten damals gewarnt (mehr dazu hier). „Beamtinnen und Beamte müssen bei der Einleitung eines Disziplinarverfahrens in diesen Fällen mit dienstrechtlichen Konsequenzen bis hin zu ihrer Entlassung rechnen“, hieß es in der Meldung, die auf einem Erlass des Innenministeriums basierte.

Ähnlich könnte jetzt auch für andere Staatsämter argumentiert werden, dass Beamte durch die Teilhabe an einer rechtsextremistischen Bestrebung – so stuft der Verfassungsschutz jetzt die AfD ein – nicht auf dem Boden des Grundgesetzes stehen könnten; eine individuelle Entlassung könnte die Folge sein. Für Staatsdiener im Ruhestand würde das den Entzug der Pensionsleistungen bedeuten.

Müssten sich alle Staatsdiener mit AfD-Parteibuch einer solchen Untersuchung unterziehen, könnte es auch ohne einen darauf abzielenden Automatismus zu massenhaften Entlassungen kommen. Zur Einordnung: Derzeit wird laut einer Abfrage des Stern gegen 193 Landespolizeibeamte dienstrechtlich wegen einer rechtsextremistischen Gesinnung vorgegangen. Ältere Abfragen aus diesem Jahr sehen bis zu 400 Beamte im Verdacht, gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung gerichtet zu sein.

In dieses Raster fällt aber nicht automatisch jedes AfD-Mitglied – die meisten fallen im Staatsdienst vermutlich gar nicht weiter negativ auf. Wie hoch die Zahl der betroffenen Beamten ist, lässt sich also nicht beziffern. Klar ist aber, dass die Neueinstufung ein Druckmittel auf Beamte ist, möglicherweise auch zu einer Reihe von Parteiaustritten führen könnte. Denn der Beamtenstatus ist lukrativ und gilt als das sicherste Arbeitnehmerverhältnis. Möglicherweise könnten Parteiaustritte als Kompromiss für ein weiteres Engagement als Staatsdiener ausgehandelt werden.

Für die AfD dürfte also nicht nur das Werben neuer Mitglieder, sondern auch das Halten bereits bestehender Mitgliedschaften zur Aufgabe werden. Anfang des Jahres zählte die Partei etwa 52.000 Mitglieder – 10.000 mehr, als noch im Jahr zuvor. Diese Zahl ist nicht ganz unwichtig, weil sie neben einer Symbolkraft auch die Mitgliedsbeiträge und damit Einnahmen der Partei ausmacht.

Aus dem Rechenschaftsbericht der AfD für 2023 geht hervor, dass die Partei am Ende des Jahres ein Plus von 38 Millionen Euro verbuchte – über vier Millionen Euro wurden über die Mitgliederbeiträge eingefahren. 2023 wuchs die AfD von 30.000 auf 40.000 Mitglieder an – jetzt sind es noch einmal zehntausend mehr, was sich auch in den Beiträgen zeigen dürfte.

Zu einem großen Teil wird die AfD durch die staatliche Parteienfinanzierung finanziert. 11,6 Millionen Euro waren es 2023. In der Folge der Neueinstufung durch den Verfassungsschutz wird politisch bereits mit der Entziehung der Parteienfinanzierung für die AfD geliebäugelt, allein: dafür müsste vor dem Bundesverfassungsgericht nachgewiesen werden, dass die Partei aktiv gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung vorgehen möchte – diese Begründung braucht es auch für ein Parteiverbot.

Der einzige Unterschied hier: Für ein Verbot sollte die Partei eine ernstzunehmende Größe erreicht haben: Sie muss über die sogenannte Potenzialität verfügen. Diese Anforderung braucht es für den Finanzierungsentzug nicht. Da die AfD in aktuellen Umfragen nur leicht hinter der Union, mit ihr gleichauf und manchmal sogar führend ist, spielt dieser Aspekt aber sowieso keine Rolle. Bayerns Innenminister Herrmann sieht in der Neueinstufung der Partei dennoch einen „Anlass, zu prüfen, ob die AfD auf dieser Grundlage von der staatlichen Parteienfinanzierung ausgeschlossen werden kann“. Der CDU-Landesverband in Niedersachsen sieht das ähnlich.

Neben der Frage des Staatsdienstes und der Parteienfinanzierung hat die Mitgliedschaft noch eine weitere brisante Komponente: Weil der Verfassungsschutz seit der Einstufung der AfD als Verdachtsfall V-Männer einsetzen darf und das auch nachweislich tut (mehr dazu hier), können Observationen durchgeführt, sowie Ton- und Bildaufnahmen gemacht und so Hintergrundinformationen beschafft werden. Mit der Hochstufung der AfD fallen die Hürden für diese nachrichtendienstlichen Mittel jetzt geringer aus – alle Mitglieder können also leichter in den Fokus des Verfassungsschutzes geraten.

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