
Die schwarz-rote Regierung packe an. Die Probleme in Deutschland würden jetzt mit Schwung gelöst. Das ist die Botschaft, die Kanzler Friedrich Merz so gerne vermitteln würde – womit er aber scheitert. Vielleicht, weil seine PR-Abteilungen nicht gut genug funktionieren. Aber wahrscheinlich eher doch, weil es einfach nicht stimmt. Die Realität sieht so aus wie beim Umbau des Archivs der Stasi-Unterlagen.
So will der Bund die Standorte des Bundesarchivs neu ordnen und ausstatten. Nicht erst in fünf Jahren, nicht in drei, zwei – sondern – in zehn Jahren. Vielleicht fasst Deutschland die Dinge sehr schnell an, aber dann brauchen sie jede Menge Zeit. Das Ganze läuft unter dem Motto “Masterplan Bundesarchiv 2035”. Was Dynamik vermitteln soll, aber genau wie im Bemühen um Aufschwungs-Stimmung am Ende ins Gegenteil umschlägt.
Fehlt es denn dem Bundesarchiv an Personal. Jein. Das Archiv verfügt über einen stolzen Personaletat von 118 Millionen Euro. Davon stehen für den Masterplan 607 Archivare bereit – und 168 Mitarbeiter für die “Leitung, Sicherung und ortsbezogene Verwaltung”. Auf vier Mitarbeiter, die für die eigentliche Arbeit da sind, kommt einer, der sie verwaltet. Das ist gemeint, wenn es heißt: In Deutschland gibt es zu viel Bürokratie.
Mit dem entsprechenden Tempo. 1500 Millionen Seiten aus Akten und Karteien müssen digitalisiert werden. 30 Millionen Seiten haben die Archivare bisher laut Weimer digitalisiert. Das entspricht zwei Prozent des Bestands. Für die Zukunft hat sich der Staatsminister vorgenommen, jedes Jahr weitere 0,5 Prozent zu digitalisieren. Das entspricht dann 196 Jahren. Damit wären wir im Jahr 2221. Die Serie Raumschiff Enterprise spielt übrigens im Jahr 2200. Also bevor Deutschland mit der Digitalisierung der Stasi-Akten fertig wird.
Nur mal zu Einordnung: Rechnet man von heute an 196 Jahre zurück, dann wäre der Gründer des Kommunismus, Karl Marx, gerade mal elf Jahre alt. Der Sowjetkommunismus existierte 74 Jahre lang, die DDR 40 Jahre lang. Die Digitalisierung ihrer Akten soll fünf Mal so lange dauern. Ambitioniert geht anders.
Es sei denn, es werden noch weitere Externe hinzu verpflichtet – aber dafür muss erst einmal das Geld bereitgestellt werden. Die gesamte Digitalisierung der Stasi-Unterlagen wäre für 100 Millionen Euro zu haben. Viel Geld. Früher mal. Doch bei 850 Milliarden Euro neuer Schulden nur eine kleine Zahl hinter dem Komma.
Der Abgeordnete Frömming mahnt: „Die neue Bundesregierung muss den Ernst der Lage erkennen: Ohne belastbare Angaben zum Investitionsbedarf droht den Stasi-Unterlagen dauerhafter Schaden. Jetzt braucht es entschlossenes Handeln bei der Bereitstellung von Haushaltsmitteln.“ Doch das ist bisher nur in Absichtserklärungen zu haben – die Realität ist der “Masterplan 2035”.