So verschiebt die Regierung Milliarden in das „Sondervermögen“, um nicht sparen zu müssen

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Bildquelle: NiUS

Im März brachte der Bundestag eine Grundgesetzänderung auf den Weg, die das sogenannte „Sondervermögen“ ermöglichte: 500 Milliarden Euro Schulden für Infrastruktur und Klimaschutz. Im neuen Text des Grundgesetzes ist festgehalten, dass es sich dabei um „zusätzliche Investitionen“ handeln muss, also Ausgaben, die die Regierung nicht ohnehin tätigt. Doch genau das geschieht nicht. Vielmehr zeigt der Haushalts-Entwurf für das „Sondervermögen“, dass die Regierung sich nicht an die Vorgaben hält und zahlreiche Posten in das „Sondervermögen“ verschiebt, die zuvor als laufende Kosten aus dem Haushalt finanziert wurden.

Kritiker sprechen von einem „Verschiebebahnhof“, das heißt: Kosten, die ohnehin jedes Jahr im Haushalt anfallen, werden in das „Sondervermögen“ umgeschichtet, um im regulären Haushalt keine Kürzungen vornehmen zu müssen – und sich beispielsweise weiter die steigenden Kosten für die Sozialsysteme leisten zu können.

Besonders auffällig ist dies im Bereich Verkehr: Der Bundeshaushalt 2024 veranschlagte für Digitales und Verkehr insgesamt 44,1 Milliarden Euro. 2025 schrumpft diese Summe auf 38,2 Milliarden, 2026 sind es gar nur mehr 28,2 Milliarden Euro. Selbst ohne das Budget für Digitale Infrastruktur (2024: 2,3 Milliarden), das an das Ministerium für Digitales und Staatsmodernisierung gewandert ist, ist der Etat des Verkehrsministeriums damit um vier bzw. 14 Milliarden gesunken. Selbstverständlich wird nicht weniger für Verkehr ausgegeben, die Ausgaben werden nur verschoben – und über Schulden finanziert.

Ein ICE und eine S-Bahn auf der Strecke zwischen Bochum und Dortmund, Höhe Dortmund-Marten in Nordrhein-Westfalen.

Der Verkehrsposten „Baukostenzuschüsse für einen Infrastrukturbeitrag zur Erhaltung der Schienenwege der Eisenbahnen des Bundes“ wurde etwa bisher aus dem Haushalt finanziert. 2024 wurden dafür rund sieben Milliarden locker gemacht. Ab 2025 kommt die Summe aus dem „Sondervermögen“, zunächst knapp acht Milliarden, im nächsten Jahr sogar über 16 Milliarden.

Der Mobilfunkausbau wandert ab diesem Jahr ebenfalls in das „Sondervermögen“. Noch 2024 kamen die rund 150 Millionen aus dem regulären Haushalt. Ab 2025 stammt die gesamte Finanzierung aus dem „Sondervermögen“, knapp 370 Millionen, im Jahr darauf 200 Millionen.

Ein Mobilfunkmast steht auf einem Feld bei Grosselfingen, Baden-Württemberg.

Tablet-PCs für Schulen werden in Zukunft auch über Schulden finanziert. Im Bereich Bildung und Kinderbetreuung wandern Posten aus dem regulären Haushalt in das „Sondervermögen“. So sollen für „Digitales Lehren und Lernen“ 50 Millionen auf Pump ausgegeben werden. Zuvor wurde eine nahezu identische Summe jeweils aus dem laufenden Haushalt finanziert. Auch der Digitalpakt, der noch 2024 aus dem Haushalt finanziert wurde, wird ab 2026 zumindest in Teilen über das „Sondervermögen“ finanziert, konkret fließen darüber 225 Millionen. Knapp eine Milliarde soll 2026 aus dem „Sondervermögen“ in das „Investitionsprogramm Kindertagesbetreuung“ fließen. Auch Kitas wurden bislang aus dem normalen Bundeshaushalt bezuschusst, etwa über das „Kita-Qualitätsgesetz“ bzw. dessen Nachfolgegesetz.

Auch skurrile Projekte können sich über Geld aus dem Schuldentopf freuen. So sollen für 2 Millionen Euro sogenannte „Food Systems Research Hubs“ entstehen. Diese gehen auf eine Empfehlung des Wissenschaftsrats aus dem Jahr 2024 zurück, der Vorschlag entstand also noch unter der Ampel-Regierung und wird nun unter Kanzler Merz weitergeführt. Die „Food Systems Research Hubs“ sollen dazu dienen, die Lebensmittelproduktion nachhaltiger zu gestalten. Die zuständige Staatssekretärin Silvia Bender (Grüne) erklärte anlässlich der Empfehlung des Wissenschaftsrats 2024: „Daher brauchen wir die Forschenden als Vordenkende, als Mutmachende, aber auch als Warnende vor möglichen Risiken und Widerständen.“ Der Staat leiht sich in Zukunft also Geld, um Forschungsprojekte zu finanzieren, die der Bevölkerung gesunde Ernährung einbläuen sollen.

In der vergangenen Woche hatte NIUS bereits berichtet, welche Posten das Arbeitsministerium für das „Sondervermögen“ angemeldet hat. Darunter etwa 63,5 Millionen Euro für die „Denkfabrik Digitale Arbeitsgesellschaft“, die ihre Fördergelder in der Vergangenheit etwa an ein „Pandemisches Roboter-Orchester“ verteilte oder an ein Projekt, bei dem Demenzkranke von einem KI-Bot angerufen werden sollten. Auch einen humanoiden Roboter plus Zubehör will das Ministerium über Schulden anschaffen. Zudem soll ein „neuartiges Zentrum für Sozialpolitikforschung“ entstehen.

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