
Die SPD hat sich in ihrem Führungsduo auf eine Rollenverteilung geeinigt. Eine leicht durchschaubare: Finanzminister Lars Klingbeil gibt den Seriösen, zu dessen Image es gehört, auch mal Wermut in den roten Kelch zu schütten. Arbeitsministerin Bärbel Bas ist die gute Sozialdemokratin, die für Verteilung steht. Für noch mehr Staat. Ihr jüngster Vorschlag: Das Rentenniveau auf 48 Prozent festschreiben, egal wie die Einnahmenlage ist, und die „Mütterrente III“ einführen.
Der Verband „Die Jungen Unternehmer“ rechnet der Ministerin vor, was das kostet: 47 Milliarden Euro zusätzlich in dieser Wahlperiode, ab 2030 jedes Jahr weitere 15 Milliarden Euro jährlich drauf. Die Jungen Unternehmer warnen vor dem Kollaps des Systems: „Die demografische Entwicklung läuft dramatisch gegen das umlagefinanzierte System.“ Eine Ausweitung der Leistungen sei daher „unverantwortlich“. Die schwarz-rote Regierung riskiere mit dieser Politik, dass junge Generationen einfach die Koffer packen würden „und die Rentner mit ihrer Regierung allein lassen“. Noch deutlicher: „Die Koalition wird mit der Verabschiedung solcher Pakete den Sozialstaat zu Fall bringen.“
Schon jetzt ufern in Deutschland die Sozialkosten aus. Nach Klingbeils Entwurf wächst der Etat des Sozialministeriums von 175,7 auf 190,3 Milliarden Euro. Ein Zuwachs von 8,3 Prozent. 14,6 Milliarden Euro mehr innerhalb nur eines Jahres. Das sind wohlgemerkt nur die Sozialausgaben des Bundes. Dazu kommen noch die der Länder dazu, die der Städte und Gemeinden sowie die der Sozialkassen. Etwa die Rentenkasse. Die beansprucht schon jetzt von jedem in Deutschland erarbeiteten Euro mehr als 18 Cent. Dazu kommt, was der Bund aus der Steuerkasse dazu gibt: In diesem Jahr zahlt der Bund an die Rentenkassen 122,5 Milliarden Euro an Zuschüssen. Sechs Milliarden Euro mehr als im Jahr davor.
Auch, aber nicht nur wegen der Rentenversicherung, schnüren die Beiträge zur Sozialversicherung der Wirtschaft die Luft zum Atmen an. Aktuell haben sie zusammen eine Höhe von 41,9 Prozent erreicht. Bei einer vergleichbaren Höhe sah sich Gerd Schröder (SPD) in seiner Kanzlerschaft genötigt, die Hartz-Gesetze durchzuführen – um die Wirtschaft von Lohnnebenkosten zu entlasten. Die neue SPD-Vorsitzende und Arbeitsministerin Bas denkt sich zusätzliche Belastungen aus.
Unter Angela Merkel (CDU) hat die Bundesregierung noch das Ziel ausgegeben, die Lohnnebenkosten unter der Grenze von 40 Prozent zu halten. Sie schaffte es, den Satz auf 39,5 Prozent zu senken. Nun laufen die Kosten aber aktuell auf die 50 Prozent zu. Und nehmen dabei an Fahrt auf. Die Chefin der Agentur für Arbeit, Andrea Nahles (SPD), rechnet laut einhelligen Medienberichten für dieses Jahr mit einem Defizit von über 5 Milliarden. Die Rücklage der Versicherung wäre dann aufgebraucht, sie wäre auf höhere staatliche Zuschüsse angewiesen oder der Beitragssatz müsste steigen. Der liegt aktuell bei 2,6 Prozent.
Die Kosten für die Krankenkasse sind über die vergangenen Jahre permanent gestiegen. Von 13,2 auf 15,9 Prozent in den Jahren 1995 bis 2022. Und dann unter Karl Lauterbach (SPD) als Gesundheitsminister auf jetzt 17,1 Prozent. Wobei das der durchschnittliche Wert zum Jahresbeginn war. Zwischenzeitlich haben einzelne Betriebskrankenkassen erneut erhöht. Auch die Beiträge zur Pflegeversicherung hat Lauterbach zweimal erhöht. Von 3,05 auf jetzt 3,6 Prozent. Wobei Kinderlose nochmal einen Zuschlag von 0,6 Prozent zahlen müssen, der aus der allgemeinen Zahl zu den Lohnnebenkosten herausgerechnet wird.
Trotz des Kredits droht am Ende des Jahres eine weitere Erhöhung der Kassenbeiträge. Wenn die Kassen dann das Darlehen irgendwann zurückzahlen müssen, müssen sie die 5,2 Milliarden Euro neben dem bisherigen Defizit auch noch schultern. Wie die Kassen das schaffen sollen, will Warken nicht selbst entscheiden. Sie will einen Arbeitskreis gründen und „Kommission“ nennen. An deren Ende stehen vermutlich Beitragserhöhungen. Oder gestrichene Leistungen für die Einzahler. Oder beides. Ziemlich sicher sogar beides.
Bliebe noch die Rentenversicherung. Die steigt jetzt schon gesichert von 18,6 auf 22,3 Prozent und treibt die Lohnnebenkosten damit unter Hochdruck in Richtung 50 Prozent. Doch das ist Bas nicht genug. Der SPD-Vorsitzenden ist das Umfragetief ihrer Partei näher als jegliche wirtschaftliche Vernunft. Die Sozialversicherung wird zu dem Thema, das über den Erfolg der Regierung Friedrich Merz (CDU) entscheidet.
Die Stärkung der Wirtschaft ist das zentrale Thema von Friedrich Merz. Also. Sie war es. Im Wahlkampf. Seitdem er im Amt ist, fungiert der CDU-Chef als Bundesaußenkanzler. Zwischen zwei Flügen nach Kiew und Washington beschwört er zwar schon mal die Bedeutung der Wirtschaft. Aber dabei klingt er eher wie ein genervter Priester, der seine Pflicht abschüttelt, als wie ein ernst zu nehmender Wirtschaftspolitiker. Das Feld überlässt er seinem Vizekanzler – und der meint, es sei mit einem Kredit unter 8 Milliarden Euro für die Sozialversicherung getan. Sowie mit hoch bleibenden Lohnnebenkosten und Arbeitskreisen. Während seine Co-Vorsitzende die Belastungen der Betriebe und ihrer Beschäftigten noch erhöhen will.
Deutschland übernimmt sich unter Schwarz-Rot. Mit den Lohnnebenkosten. Aber auch im Haushalt. 15 Milliarden Euro Zuwachs im Sozialetat. Innerhalb eines Jahres. Eine Erhöhung der Militärausgaben von jetzt 50 auf 150 Milliarden Euro im Jahr noch in dieser Wahlperiode. Zinsausgaben, die ebenfalls in dieser Wahlperiode von 33 auf über 50 Milliarden Euro im Jahr steigen werden. Laut Einschätzung des Finanzministeriums.
Die Regierung Friedrich Merz agiert wie ein Glücksspieler. Das zeigt sich im aktuellen Etat, indem sie von weniger als 30 Milliarden Euro Kosten fürs Bürgergeld ausgeht. Dieses Jahr sind es tatsächlich über 50 Milliarden Euro. Der „Investitionsbooster“ soll die Wirtschaft entsprechend ankurbeln. Der enthält etwa die Senkung der Körperschaftssteuer, die schon dieses Jahr für massives Wachstum sorgen soll. Auch wenn sie erst 2028 kommt.
Am Ende stehen ziemlich sicher zusätzliche Kosten im Bürgergeld von etwa 20 Milliarden Euro, die zu all den Lasten auch noch oben drauf kommen. Die Jungen Unternehmer klingen daher gar nicht so unrealistisch, wenn sie sagen: „Wenn die Bundesregierung jetzt nicht den Mut zu echten Reformen aufbringt, gefährdet sie die Stabilität des Sozialstaates und stört nachhaltig den Zusammenhalt der Gesellschaft.“ Wobei es dann auch egal ist, wer in der SPD-Führung dabei welche Rolle spielt.