Rumänien schließt die Opposition von Wahlen aus und die EU schaut tatenlos zu

vor 3 Monaten

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Das Land ist ein „Sicherheitsrisiko“ für Europa, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sind „massiv beschnitten“. Das sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Roth nicht etwa über Rumänien, sondern 2023 über Ungarn. Zu den aktuellen Vorgängen in Rumänien schweigt Roth, ebenso wie die meisten anderen Bundespolitiker. Auch von EU-Politikern, etwa Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, hört man nichts. Dabei ist die Demokratie im EU-Mitgliedstaat ernsthaft in Gefahr.

Călin Georgescu, der führende Oppositionspolitiker Rumäniens, wurde durch die Wahlkommission von der Wiederholung der Präsidentschaftswahl ausgeschlossen. Georgescu hatte bereits für die im November stattgefundene, im Nachhinein annullierte, erste Wahlrunde pflichtgemäß seine Kandidatur eingereicht. Nun, beim zweiten Mal, sollen seine Unterlagen unvollständig gewesen sein, so die Begründung der Wahlkommission. Es ist eine Rechtfertigung, die eher an Autokratien wie Russland und Venezuela erinnert als an einen EU-Mitgliedstaat.

In der deutschen Politik, in den Medien und auch in der EU herrscht zu den Vorgängen in Rumänien Funkstille. Medien wie etwa der Spiegel melden kurz, dass die Kandidatur vom „Rechtsextremisten“ Georgescu „abgewiesen“ worden sei. Offensichtlich handelt es sich hierbei jedoch um deutlich mehr. Georgescu lag in Umfragen teilweise bei über 40 Prozent – dem nächsten Widersacher über 30 Prozentpunkte voraus.

Für das rumänische Establishment ist er damit ein unangenehmer Faktor. Georgescu ist EU- und NATO-kritisch, lehnt die derzeitige Migrationspolitik seines Landes ab und setzt sich vehement gegen Waffenlieferungen und weitere Hilfen an die Ukraine ein. Man kann Georgescus politische Ausrichtung dabei durchaus kritisch sehen, er besitzt tatsächlich eine unangemessene Nähe zu Russland – das macht ihn jedoch weder zu einem Rechtsextremisten, noch gibt es den rumänischen Behörden das Recht, ihn – den beliebtesten Oppositionspolitiker des Landes – von den Präsidentschaftswahlen auszuschließen.

Insbesondere das Vorgehen der EU in dieser Sache ist deshalb mehr als nur enttäuschend. Während Rumäniens Nachbarland Ungarn wegen vermeintlicher rechtsstaatlicher Mängel mit harten finanziellen Sanktionen belegt wurde, wird das Vorgehen der rumänischen Behörden wortlos zur Kenntnis genommen. Von einigen EU-Bürokraten, etwa dem ehemaligen Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen, Thierry Breton, wird es sogar offen befürwortet. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán ist mit einer solchen Brachialität, wie sie gerade in Rumänien stattfindet, nie gegen die Opposition in seinem Land vorgegangen.

Der Ausschluss Georgescus von der Wiederholung der Präsidentschaftswahl folgt Monaten von Schikanen gegen den Oppositionspolitiker und seine Unterstützer. Er hatte bereits die eigentliche erste Runde der Präsidentschaftswahl im November überraschend gewonnen – damals noch mit 24 Prozent der Stimmen, rund vier Prozentpunkte vor seiner nächsten Konkurrentin Elena Lasconi. Vor der Wahl wurde er von fast niemandem für den möglichen Sieger gehalten – Umfragen sagten ihm ein bestenfalls knapp zweistelliges Ergebnis voraus.

Mehrere Wochen nach der ersten Runde wurde die Wahl jedoch plötzlich durch das Verfassungsgericht des Landes rückgängig gemacht. Die fadenscheinige Begründung: Georgescu habe von einer von Russland finanzierten Kampagne auf TikTok profitiert. Der bisherige Präsident Klaus Iohannis sollte im Amt bleiben, bis im Mai erneut gewählt wird – obwohl seine Amtszeit im Dezember enden sollte.

Später zeigten Recherchen des rumänischen Investigativmagazins snoop, dass die wichtigste Kampagne, die als Begründung für die Wahlannullierung herangezogen wurde, durch die Regierungspartei PNL, nicht durch Russland finanziert wurde (Apollo News berichtete). Auch die Behauptung, dass die Kampagne überhaupt eine nennenswerte Zahl von Wählern beeinflusst hat, kann nicht nachgewiesen werden.

Für eine westliche Nation ist so ein Vorgang praktisch undenkbar. Das Votum des Volkes wurde aufgrund einer vermeintlichen TikTok-Kampagne annulliert, die Volkssouveränität wurde aktiv untergraben, der eigentlich aus dem Amt scheidende Präsident blieb entgegen aller Fristen im Amt. Doch der undemokratische Geist der Entscheidung des Verfassungsgerichts wurde international kaum kritisiert.

Kurz darauf eröffneten die rumänischen Behörden Ermittlungen gegen Georgescu, unter anderem wegen vermeintlich falscher Angaben zur Wahlkampffinanzierung und der vermeintlichen Gründung einer extremistischen Organisation. Ende Februar, als der Oppositionspolitiker sich gerade auf dem Weg zur Abgabe seiner Unterlagen zu seiner Kandidatur befand, wurde er plötzlich verhaftet. Gleichzeitig fanden Razzien bei mehreren seiner Unterstützer statt. Mittlerweile ist Georgescu unter Auflagen wieder auf freiem Fuß.

Dennoch ist offensichtlich: Rumänien befindet sich gerade auf dem Weg in eine Autokratie. Russlands Präsident Wladimir Putin ließ vor der Präsidentschaftswahl 2024 in Russland gleich zwei Politiker der Opposition im Land nicht zur Wahl zu – als Begründung nahm er jeweils unvollständige Unterlagen. Nun tritt Rumänien in seine unrühmlichen Fußstapfen.

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