
In der Ukraine hat der Chef des Nationalen Antikorruptionsbüros, Semen Krywonos, vor dem Verlust der Unabhängigkeit von Organen zur Korruptionsbekämpfung gewarnt. Hintergrund ist die Verabschiedung eines neuen Gesetzes. „Faktisch wurden zwei Institute – das Nationale Antikorruptionsbüro (NABU) und die Spezialisierte Antikorruptionsstaatsanwaltschaft (SAP) – in die Abhängigkeit überführt. Wir sind kategorisch dagegen“, sagte Krywonos örtlichen Medien zufolge Journalisten in Kiew.
Er bat Präsident Wolodymyr Selenskyj darum, das Gesetz nicht zu unterzeichnen. Der Staatschef unterzeichnete dennoch am Abend. Das Gesetz gefährde den angestrebten Beitritt der Ukraine zur Europäischen Union, meinte Krywonos. Am Abend versammelten sich mehrere Hundert vor allem junge Menschen in Sichtweite des Präsidentensitzes in Kiew, um gegen das Gesetz zu protestieren.
In Sprechchören riefen sie „Schande, Schande“, wie Reporter von Ort berichten. Sie forderten ein Veto des Präsidenten gegen das Gesetz. Auch in Lwiw (Lemberg), Odessa und Dnipro gab es Proteste. Kritiker werfen Selenskyj seit längerem, zunehmend autoritäre Tendenzen vor.
I spoke with NABU Director Semen Kryvonos, SAPO Prosecutor Oleksandr Klymenko, Prosecutor General Ruslan Kravchenko, and Head of the Security Service of Ukraine Vasyl Maliuk. We discussed various challenges.The anti-corruption infrastructure will work. Only without Russian… pic.twitter.com/GQwlIrzNmk
Zuvor hatte mit 263 Abgeordneten eine deutliche Mehrheit im Parlament für ein Gesetz gestimmt, das nach Ansicht von Kritikern der Generalstaatsanwaltschaft erlaubt, Ermittlungen gegen hochrangige Staatsangestellte einzustellen. Zudem könne die Staatsanwaltschaft dem NABU Ermittlungsverfahren abnehmen und anderen Organen übergeben. NABU und SAP müssen demnach ihr Vorgehen mit der Staatsanwaltschaft abstimmen.
Ein Sprecher der EU-Kommission sagte in Brüssel, die EU sei besorgt über die jüngsten Maßnahmen der Ukraine. NABU und SAP seien für die Reformagenda der Ukraine von entscheidender Bedeutung und müssten unabhängig arbeiten, um die Korruption zu bekämpfen.
Er erinnerte auch daran, dass die EU der Ukraine viel Geld zur Verfügung stellt, „das von Fortschritten in den Bereichen Transparenz, Justizreform und demokratische Staatsführung abhängig gemacht wird“. EU-Erweiterungskommissarin Marta Kos betonte, dass Rechtsstaatlichkeit im Mittelpunkt der EU-Beitrittsverhandlungen stehe.
Erst am Montag war der Selenskyj unterstehende Geheimdienst SBU unter anderem mit Vorwürfen der Zusammenarbeit mit Russland gegen Mitarbeiter des NABU vorgegangen. EU und G7-Botschafter reagierten darauf zurückhaltend.
Ex-Ministerpräsidentin Julia Timoschenko begrüßte die Verabschiedung des neuen Gesetzes. „Das ist für mich ein strahlender Tag in diesem Parlament. Denn das erste Mal haben wir uns davon überzeugt, dass die Kolonisierung der Ukraine kein Allheilmittel für all unsere Probleme ist“, sagte Timoschenko von der Parlamentstribüne, wie die Nachrichtenagentur Interfax-Ukraine meldete. Kritiker hatten den Organen zur Korruptionsbekämpfung immer unterstellt, ein westliches Einflussmittel auf die ukrainische Politik zu sein.
Ex-Ministerpräsidentin Julia Timoschenko begrüßt die Verabschiedung des umstrittenen Gesetzes.
Nach dem prowestlichen Umsturz von 2014 ist in der Ukraine vor allem mit Hilfe von EU und USA ein System von Behörden zur Korruptionsbekämpfung geschaffen worden. Dieses sollte dabei helfen, die notorische Bestechlichkeit in Verwaltung und Politik zu bekämpfen. Dennoch ist das osteuropäische Land der Nichtregierungsorganisation Transparency International zufolge weiter eines der korruptesten Länder Europas.
Derweil warnte in der Ukraine der Chef des Nationalen Antikorruptionsbüros, Krywonos, vor dem Verlust der Unabhängigkeit von Organen zur Korruptionsbekämpfung. «Wir sind kategorisch dagegen», sagte er örtlichen Medien zufolge in Kiew mit Blick auf die Verabschiedung des neuen Gesetzes.
Kritiker werfen Selenskyj seit längerem zunehmend autoritäre Tendenzen vor. Ein Sprecher der EU-Kommission sagte in Brüssel, die EU sei besorgt über die jüngsten Maßnahmen der Ukraine. NABU und SAP seien für die Reformagenda der Ukraine von entscheidender Bedeutung und müssten unabhängig arbeiten, um die Korruption zu bekämpfen.
Selenskyj sagte in seiner Videobotschaft, „die Infrastruktur zur Korruptionsbekämpfung wird funktionieren. Nur ohne russischen Einfluss, davon muss sie befreit werden“. Seit Jahren lebten Beamte, die aus der Ukraine geflohen seien, aus irgendwelchen Gründen im Ausland – „in sehr schönen Ländern und ohne rechtliche Konsequenzen – und das ist nicht normal“.
Nach dem prowestlichen Umsturz von 2014 ist in der Ukraine vor allem mit Hilfe von der EU und den USA ein System von Behörden zur Korruptionsbekämpfung geschaffen worden. Dieses sollte dabei helfen, die notorische Bestechlichkeit in Verwaltung und Politik zu bekämpfen.