Spielte die Energiewende eine Rolle beim spanischen Blackout? Zwei Experten erklären

vor etwa 5 Stunden

Blog Image
Bildquelle: Apollo News

Seit circa 12 Uhr ist die iberische Halbinsel praktisch ohne Strom. In Spanien und Portugal ist es aus einem bislang unbekannten Grund zu einem umfassenden Blackout gekommen. Das zivile Leben ist beinahe ausgeschaltet (Apollo News berichtete), das Hochfahren des gesamten Stromnetzes wird laut Energieversorger Red Eléctrica sechs bis zehn Stunden dauern.

Derweil gehen die Behörden auf Ursachensuche. Die spanische Regierung untersucht derzeit laut El País die Strom- und Telekommunikationsausfälle mit verschiedenen technischen Teams aus mehreren Ministerien auf mögliche Hinweise auf die Möglichkeit eines Cyber-Angriffs. Auch ein Brand in Frankreich wird gerüchteweise als Ursache vermutet. Beides sind also externe Einflüsse auf das Stromnetz. Handfeste Indizien gibt es bisher für beide Varianten nicht. Gegenüber Apollo News erklärten zwei Energie-Experten nun, dass auch die Energiewende eine Rolle Spielen kann.

So ordnete der Kraftwerksökonom und Energie-Experte Dr. Björn Peters gegenüber Apollo News das Geschehen in Spanien so ein: „Man kennt noch nicht genau die Fehlerursache. Es sieht so aus, als ob es in Frankreich eine Netzstörung gab, da Spanien hohe Überschüsse an Solarenergie loswerden musste, die plötzlich nicht mehr abgenommen werden konnten.“ Ein Problem, das mit dem Wechsel auf erneuerbare Energien einhergeht: „Weil in Spanien wie in Deutschland hohe Anteile der PV-Anlagen nicht regelbar sind, stehen immer weniger Kraftwerke zur Verfügung, um auf Instabilitäten zu reagieren. Das System wird daher langsam immer unberechenbarer. Schon kleine Störungen können dann zu nicht mehr beherrschbaren Ausfällen großer Systeme führen“, so Peters.

Dieses Beispiel aus Spanien zeigt, wie auch unser deutsches Stromnetz immer „verwundbarer“ werde. „Mit jeder PV-Anlage und jedem Windrad steigt die Herausforderung, das Netz stabil zu fahren. Die Wahrscheinlichkeit eines Zusammenbruchs des Netzes steigt damit langsam an, nur ist es immer noch unvorhersehbar, wann genau ein großer Systemausfall eintritt“, so Peters weiter.

Den Experten würden solche Beispiele beunruhigen: „In Spanien muss das Netz neu aufgebaut werden, was bis zu drei Tage dauern kann. Man stelle sich vor, nach drei Tagen ohne Strom bricht die Infrastruktur in den Städten komplett zusammen“, so Peters gegenüber Apollo News.

Fritz Vahrenholt, der von 1991 bis 1997 das Amt des Umweltsenators (SPD) in Hamburg bekleidete und danach bei verschiedenen Energiekonzernen im Bereich der erneuerbaren Energien tätig war, sprach gegenüber Apollo News ebenfalls von der Möglichkeit, dass andere Probleme die Ursache für den Blackout gewesen sein könnten.

Vahrenholt erklärt: „Ein Stromausfall hat die gesamte iberische Halbinsel und große Teile Portugals lahmgelegt. Um 12:30 führte eine Abweichung der Netzfrequenz zum Abschalten großer Stromabnehmer und infolgedessen kam es zu einem großflächigen Zusammenbruch der Stromversorgung.“ Begonnen habe der Zusammenbruch, so Vahrenholt, mit einer Überproduktion an Solarstrom um 9 Uhr, wie das folgende Diagramm des spanischen Netzbetreibers RED zeigt.

Üblicherweise werde der nicht benötigte Strom dann ins Ausland, im Wesentlichen nach Frankreich, exportiert, so der Energie-Experte weiter. „Wir kennen das Problem aus Deutschland, wo im Sommer regelmäßig nicht zu gebrauchender, wertloser Solarstrom im Sommer mit Zuzahlungen ins Ausland entsorgt wird“, erklärt Vahrenholt. Offenbar gab es dabei allerdings Probleme im südfranzösischen Netz, „was wahrscheinlich zunächst die Netzfrequenz in Spanien anstiegen ließ“, so Vahrenholt. Infolgedessen hätten sich „große Verbraucher zum Schutz der eigenen Maschinen vom Netz abgekoppelt“, was zum Blackout geführt habe, so Vahrenholts Erklärung.

Noch um 15 Uhr war das System noch nicht wiederhergestellt. Aktuell sind keine Daten von RED abrufbar. Vahrenholt meint dazu gegenüber Apollo News: „Von der spanischen Politik wurden Meldungen gestreut, wonach auch ein Cyber-Angriff als eine Ursache infrage käme. Das hört sich dann eher doch als Ablenkungsmanöver an. Denn die auch in Spanien verfehlte Energiepolitik kann ja nicht die Ursache eines solchen Versagens sein.“

Im Verlauf des Tages wurden dann auch die Kernkraftwerke in den Inselbetrieb überführt, so Vahrenholt weiter. Inselbetrieb meint das unabhängige Funktionieren eines Stromnetzes oder einer einzelnen Anlage ohne Verbindung zu einem größeren, zentralen Stromnetz. Der Blackout könnte, so Vahrenholt, auch noch andauern: „Um das Stromsystem wieder hochzufahren, benötigt man schwarzstartfähige Kraftwerke, etwa Gasturbinen. Solaranlagen und Windkraftwerke sind nicht schwarzstartfähig. Es kann Stunden dauern, bis das Netz wieder stabil hergestellt ist“.

Publisher Logo

Dieser Artikel ist von Apollo News

Klicke den folgenden Button, um den Artikel auf der Website von Apollo News zu lesen.

Weitere Artikel