
Gleich zweimal handelte sich der Südwestfunk (SWR) vor Gericht eine herbe Niederlage ein: Zum einen stellte das Landgericht Hamburg auf Klage des Staatsrechtlers Ulrich Vosgerau fest, dass der Sender zusammen mit dem NDR in einer Dokumentation über das von „Correctiv“ als „Wannsee 2.0“-Konferenz skandalisierte Potsdam-Treffen irreführende Darstellungen verbreitete. Hauptverantwortlich für diese Dokumentation zeichneten Filmregisseur Volker Heise und die Filmproduktionsgesellschaft Zero One GmbH.
Eine zentrale Aussage der Dokumentation wurde allen Verantwortlichen auf Antrag von Vosgerau verboten: Durch einen sinnentstellenden Zusammenschnitt von Äußerungen Vosgeraus wurde der Eindruck erweckt, er habe behauptet, dass „Correctiv“ die Information, was die Teilnehmer in Potsdam besprochen haben, durch den Verfassungsschutz bekommen habe. Tatsächlich sagte Vosgerau in seinem Interview mit den Filmemachern etwas anderes: Er mutmaßte, dass Correctiv selbst überwiegend erfolglos versucht hat, das Potsdam-Treffen mit einem Richtmikrofon abzuhören.
Außerdem versuchte die Anstalt sich mit dem Hinweis herauszuwinden, ihr Anwalt habe ihm nicht geraten, den Beitrag sofort, sondern nur innerhalb einer Tagesfrist zu ändern oder zu löschen. Darauf habe sich der SWR verlassen. Das OLG Hamburg wies den SWR darauf hin, dass er sich seine Entscheidungen schon selbst zurechnen lassen müsse. Der Gebührenzahler mag sich an der Stelle außerdem fragen, warum er dem SWR eigentlich eine nicht gerade gering ausgestattete Rechtsabteilung finanziert.
Interessant mutet die Argumentation des ÖRR-Senders an, es sei ihm mit Rücksicht auf die Pressefreiheit nicht zuzumuten gewesen, die Dokumentation mit der Falschbehauptung sofort zu löschen. Faktisch machte er damit ein Recht auf Falschbehauptung geltend. Anwalt Carsten Brennecke von der Kölner Kanzlei Höcker, der Vosgeraus Klage vertrat, kommentiert den Vorgang:
„Der SWR verletzt gleich doppelt schuldhaft das Persönlichkeitsrecht von Dr. Vosgerau: Zuerst verbreitet er eine Falschbehauptung in der Correctiv-Dokumentation, dann ignoriert er einfach das Verbot und hält an seiner Desinformation der Beitragszahler fest. Für die Überheblichkeit und Nachlässigkeit des SWR muss nun der Beitragszahler aufkommen. Die festgesetzte Strafzahlung, sowie hinzutretende Gerichts- und Anwaltskosten für das Verfahren in insgesamt mindestens mittlerer vierstelliger Höhe werden aus den Gebührengeldern der Bürger beglichen. Der SWR hat damit die Monatsbeiträge mehrerer Hundert Beitragszahler sinnlos verbrannt.“
Ein Ordnungsgeld ebenfalls wegen einer Falschbehauptung, die trotz Gerichtsurteil nicht umgehend gelöscht wurde, setzte die Kanzlei Höcker auch schon gegen den NDR durch. Auch hier zahlte der Sender die Strafe aus der Gebührenkasse. Damit stellte er sich nicht nur wie der SWR gegen eine Gerichtsentscheidung – sondern macht sich möglicherweise auch der Untreue schuldig. Denn wenn Rundfunkgebühren eingesetzt werden, um gerichtlich verbotene Falschbehauptungen weiter verbreiten zu können, dann dürfte das klar gegen die Zweckbestimmung des zwangsweise erhobenen Beitrags verstoßen.
Mit ihrer Rechtsauffassung stehen SWR und NDR innerhalb der Öffentlich-Rechtlichen nicht allein. Unmittelbar nach der Kritik an der von dem ZDR-Mitarbeiter Elmar Theveßen bei „Lanz“ vorgetragenen Falschbehauptung, der ermordete Influencer Charlie Kirk hätte zum Steinigen von Schwulen aufgerufen, erklärte ZDF-Intendant Norbert Himmler gegenüber dpa gerade in Bezug auf die Kritik an Theveßen und dem Sender: „Wir müssen sagen können, was ist.“
Faktisch fordert er damit für das ZDF ein Recht auf Lüge.