
Die wohl baldige Bundesregierung aus Union und SPD plant eine grundlegende Reform des Zahlungsverkehrs in Deutschland. Unternehmen sollen künftig verpflichtet werden, nicht nur Bargeld, sondern mindestens eine digitale Bezahlmethode anzubieten. Im gemeinsamen Verhandlungspapier der Arbeitsgruppe Haushalt, Steuern, Finanzen findet sich diese Vision wieder. Dort heißt es, dass neben Bargeld „mindestens eine digitale Zahlungsoption schrittweise angeboten“ werden müsse.
SPD und Union versprechen sich, mit der verpflichtenden digitalen Zahlungsoption eine deutliche Reduzierung von Steuerhinterziehung zu erreichen. Besonders in Bereichen, in denen bisher Bargeld dominierte – etwa der Gastronomie –, soll durch elektronische Bezahlmöglichkeiten und eine ergänzende Registrierkassenpflicht Betrug erschwert werden. Der SPD-Finanzpolitiker Michael Schrodi erklärte, dass man es sich zum „Ziel“ gemacht habe, „in bargeldintensiven Bereichen wie beispielsweise der Gastronomie den Steuerbetrug zu bekämpfen und so die vielen steuerehrlichen Unternehmer zu schützen“.
Die bisher zulässige Praxis der offenen Ladenkassen müsse enden, so Schrodi weiter. Die konkrete Umsetzung der Registrierkassenpflicht sei spätestens nach einer anstehenden Evaluierung des Kassengesetzes von 2016 geplant. Digitale Zahlungen hinterlassen automatisch nachvollziehbare Datenspuren, die Prüfungen erleichtern und Steuerhinterziehung erschweren. Dem Staat entgehen durch Bargeldgeschäfte jährlich 10 bis 15 Milliarden Euro an Steuern.
Widerstand gegen diese Pläne kommt erwartungsgemäß aus den Reihen der Gastronomen. Der Geschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), Jürgen Benad, verweist auf zusätzliche Belastungen für Betriebe, die bereits mit steigenden Kosten und sinkenden Erträgen zu kämpfen hätten.
Elektronische Zahlungen seien zwar für Kunden bequem, aber verursachten für die Unternehmen erhebliche Zusatzkosten, etwa durch Miet- und Servicegebühren sowie Transaktionskosten. Besonders problematisch sei eine generelle Registrierkassenpflicht für kleinere Betriebe, etwa auf Weihnachtsmärkten oder Volksfesten. Die Umstellung auf elektronische Kassensysteme wäre für diese Betriebe finanziell und organisatorisch unverhältnismäßig.
Während Deutschland nun zunehmend auf digitale Zahlungen setzen will, setzen Vorreiter in diesem Bereich offenbar wieder auf Bargeld. So zum Beispiel Schweden. Wie im Nachbarland Norwegen wird hier kaum noch mit Bargeld gezahlt. Die schwedische Zentralbank (Riksbank) verzeichnete bei einer Umfrage im Jahr 2023, dass etwa 90 Prozent aller Schweden bargeldlos bezahlen würden.
Doch in Schweden kommt jetzt auf einmal die Kehrtwende: Das lange verpönte und als unsicher geltende Bargeld soll jetzt wieder große Bedeutung erlangen, heißt es von mehreren verschiedenen staatlichen Stellen. (Apollo News berichtete).
So ruft die schwedische Zentralbank dazu auf, wieder mehr Bargeld zu nutzen. „Um die Widerstandsfähigkeit des Zahlungssystems zu stärken, muss es dringend möglich sein, offline mit Karten zu bezahlen und lebensnotwendige Güter bar zu bezahlen.“ Man traut digitalen Zahlungsmitteln in Zeiten von Cyber-Kriegen nicht vollends.
Bargeld bleibe wichtig, „nicht nur aus Gründen der Notfallplanung, sondern auch für Menschen, die aus verschiedenen Gründen nicht auf digitale Dienste zugreifen können oder wollen.“ Dafür brauche es „gesetzliche Regelungen, um die Nutzung von Bargeld aufrechtzuerhalten.“
Zentralbankchef Erik Thedéen schlägt vor: „Reichstag und Regierung sollten eine Bargeldpflicht für lebensnotwendige Güter einführen und gesetzliche Maßnahmen zum Schutz der Bargeldkette erlassen.“ Zudem sei eine Obergrenze für Bargeldkäufe denkbar, „um kriminellen Machenschaften den Weg zu ebnen.“ Auch eine Bargeldreserve zu Hause sei ratsam – „die Höhe der Einkäufe einer Woche“.
Auch das Verteidigungsministerium rät dazu, wieder regelmäßig bar zu zahlen und einen Wochenvorrat Bargeld zu halten. „Wenn Sie auf verschiedene Arten bezahlen können, stärken Sie Ihre Vorsorge“, heißt es in einer Broschüre. Sicherheit und Zugänglichkeit seien jetzt „mindestens genauso wichtig“ wie Effizienz.
Statt auf Länder aus der Praxis zu hören, erklärte der SPD-Politiker Schrodi, dass man sich „für eine echte Wahlfreiheit im Zahlungsverkehr“ einsetzen wolle.