„Unsere Demokratie“ – Für rotgrüne Macht ist der Bürger das größte Risiko

vor etwa 4 Stunden

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Bildquelle: Tichys Einblick

Eine ungeliebte Ordnung beendet man effektiv, indem man Parallelstrukturen aufbaut, die dann die ungeliebte Ordnung, um einen Ausdruck des Marxisten Antonio Gramsci zu verwenden, „aufsaugt“. Der tiefe Staat entsteht dadurch, dass immer mehr rotgrüne sogenannte NGOs dem Staat vorgelagert werden – und ihnen teils staatliche Aufgaben übertragen werden oder es zu einem Zusammenwirken mit beispielsweise Gerichten kommt. Im Grunde wird das N im Begriff NGO mit Blick auf ihre zum Teil staatliche oder quasi staatliche Finanzierung zur Lüge, mindestens aber zum Euphemismus. Zivilgesellschaft ist ein anderer Begriff für die Unterwanderung der Demokratie.

Inzwischen existieren noch zwei Demokratien in Deutschland, die pluralistische, bürgerliche Demokratie, und eine neue Form der sozialistischen Demokratie, zumeist „unsere Demokratie“ genannt. Sozialistische oder „unsere Demokratie“ kann man auf der abstrakten Ebene als Postdemokratie bezeichnen. Der Prozess des Aufsaugens der Demokratie durch die Postdemokratie nahm in der langen Kanzlerschaft Angela Merkels in einer Intensität Fahrt auf, dass man sie durchaus zur Protagonistin der Ersetzung der Demokratie durch die Postdemokratie bezeichnen darf. Unter ihrer Kanzlerschaft kam es zur faktischen Herrschaft der Rotgrünen.

Der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag, Miersch, kraftmeierte: „Nur weil üble Propaganda gemacht wird, wechseln wir keine Kandidatin aus. Ich will es hier ganz deutlich sagen: Wenn der rechte Mob damit durchkommt, machen wir einen Riesenfehler.“ Das hatte schon etwas von Ulbrichts Übersetzung des Stalin-Duktus ins DDR-Deutsche. Gedanklich nicht weit davon entfernt twittert ein der SPD nahestehender Jung-Unternehmer, dessen Unternehmen sinnigerweise „Wahlwerkstatt“ heißt: „Wir dürfen es nicht länger zulassen, dass Frauen zur Zielscheibe werden, weil Nazischweine ihre Meinung nicht aushalten.“

Und er ist in höchsten Kreisen der SPD wohlgelitten:

Andersdenkende, Kritiker sind also Nazischweine – auch das erinnert an die zweite deutsche Diktatur. Das alles könnte man noch unter verzweifelter Juso-Nostalgie eines Jungunternehmers und von einigen in die Jahre gekommenen Genossen, die möglicherweise wie ihre Genossen in der DDR immer noch gern singen: „Wir sind die junge Garde des Proletariats“ und vor allem: „Dem Morgenrot entgegen ihr Kampfgenossen, bald siegt ihr aller Wegen, bald weicht der Feinde Wahl“ verbuchen. Doch selbst als gemäßigt geltende Genossen wie Nils Heisterhagen verlieren vollkommen den demokratischen Kompass und erleiden eine Grundgesetz-Amnesie, wenn sie twittern: „Manche Leute knallen echt gerade total durch. Aber mal anders gefragt: Warum hat es Jens Spahn nicht im Griff, so ein Freidrehen seiner Abgeordneten zu verhindern?“

Abgeordnete dürfen also nicht „freidrehen“, nicht ihrem Gewissen folgen, sondern haben in Reih und Glied zum Befehlsempfang durch den Fraktionsvorsitzenden zu stehen? Hatten wir das nicht schon einmal? Nichts steht im Grundgesetz davon, dass die Abgeordneten dem Willen des Fraktionsvorsitzenden unterworfen sind, was bei der SPD möglicherweise so sein mag, nichts davon, dass er nicht „freidrehen“ darf, im Gegenteil, er muss sogar „freidrehen“, denn die Abgeordneten des Deutschen Bundestages sind „Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen“. Zum Nachlesen für Nils Heisterhagen im Grundgesetz, Artikel 38, Absatz 1.

Der Parteivorsitzende der Grünen Banaszak stellt in einem Tweet dann klar: „CDU und CSU haben sich heute aus der demokratischen Mitte unseres Landes verabschiedet.“ Wo die Grünen sind, ist die Mitte. Ist bald schon, wer das nicht akzeptieren will, ein Fall für den Verfassungsschutz?

In einem Suhrkamp-Klassenkampf-Band über die „Große Regression“, einem Sammelbändchen linker Theorieanämie, schreibt der Archäologe David van Reyboruk, dass die „Frage, ob Wahlen … nicht vielleicht doch eine altmodische Methode sind, um aus dem Gemeinwillen eine Regierung und deren Politik zu bestimmen, diese Frage gilt immer noch als ketzerisch.“ Er zweifelt daran, dass „die Bürger wirklich ihre beste Seite an den Tag“ legen, „wenn sie im dunklen Licht und hinter dem geschlossenen Vorhang der Wahlkabine wichtige Entscheidungen über die Zukunft ihrer Gesellschaft treffen …“ Besser ist es da wohl schon, wenn die Wahlen im grellen Licht unter Aufsicht der Staatssicherheit stattfinden. Auch das hatten wir schon mal. Doch der verträumte Archäologe träumt eher von einem Losverfahren.

Wie Ulbricht dürften die Funktionäre der Grünen und der SPD mit Blick auf die Wählerflucht wie Ostberlins Spitzbart und der belgische Archäologe auch zu der Erkenntnis gelangt sein, dass freie und geheime Wahlen großer Mist sind, denn am Ende wählen die Leute vielleicht, was sie wollen, und nicht, was sie sollen. Was beweist, dass die Konsequenz linken Denkens, kommt es in die Bredouille fehlender Akzeptanz der Mehrheit, fast naturgesetzlich in der Diktatur besteht. Doch die Methode Ulbricht war nun doch allzu sehr aus der Mode gekommen, auch roch sie zu sehr nach Stasi und Staatsbankrott, aber auch das Los-Verfahren, das der wackere Archäologe aus Brügge tapfer vorschlug, barg noch den Fehler, dass es sich doch als sehr schwierig gestalten würde, das Verfahren so zu gestalten, ohne dass Bürger mitbekämen, dass die Gewinner der Lose von Anfang an feststünden.

Im Weltbild der SPD, der Grünen und der Linken stellt der Bürger das größte Risiko ihrer Demokratie dar. Da immer weniger Bürger den sozialistischen Obrigkeitsstaat wählen wollen, dürfte – die Machterosion vor Augen – das Kalkül der Linken, der SPD und der Grünen darin bestehen, dass mithilfe der beiden Verfassungsrichter das Verbot der AfD ergeht. Dadurch, dass die Abgeordneten der AfD wegfallen, existiert plötzlich eine rotrotgrüne Mehrheit im Bundestag. Auf dem Wege des judikativen Staatsstreiches wird eine rotrotgrüne Regierung unter Führung der SPD, möglicherweise unter dem früheren Antifa-Mann Klingbeil gebildet.

Man muss dem Marxisten Gramsci Recht geben, wenn er in seinen Gefängnisheften schreibt: „Die Krise besteht gerade in der Tatsache, dass das Alte stirbt und das Neue nicht zur Welt kommen kann: in diesem Interregnum kommt es zu den unterschiedlichsten Krankheitserscheinungen.“ Es ist nur so, dass in diesem Interregnum, Jaspers nennt es Achsenzeit, ich Paradigmenwechsel, das Alte der Sozialismus ist, der jetzt als „klimaneutrale Gesellschaft“ in seiner wie immer totalitären und kollektivistischen Grundform mit allen Mitteln zur Macht greift, damit das Neue nicht zur Welt kommen kann. Mit allen Mitteln soll das Alte gerettet werden, mit aller Macht. Und darum geht es unter all den vielen Phrasen, unter denen die einfache Wahrheit versteckt werden soll.

Grüne und SPD streben an, in die Offensive zu kommen und die Macht zu erobern, koste es, was es wolle. Sie wissen nur zu gut, dass es ihre letzte Chance ist, wenn sie jetzt nicht Macht usurpieren, dann werden sie keine Gelegenheit mehr dazu haben. Wenn sie jetzt nicht ihre fragwürdige und selektive Auslegung des Grundgesetzes gegen das Grundgesetz mithilfe williger Juristen in Stellung bringen, nicht die bürgerliche Demokratie in „unsere“, also ihre Gesinnungsdemokratie verwandeln, werden sie dazu keine Gelegenheit mehr haben. Grüne und Sozialdemokraten haben das begriffen, deshalb mobilisieren sie, was sie mobilisieren können, weil der judikative Weg ihre einzige und letzte Machtoption ist.

Erleben werden wir wahrscheinlich folgende Farce: Die SPD wird noch ein Weilchen Zetermordio schreien, um dann Kaufhold leise durchzuwinken und Brosius-Gersdorf durch einen schlimmeren Kandidaten zu ersetzen. Die wohl noch ungeeignetere Kandidatin Kaufhold stellt ohnehin niemand in Frage. Was Rotrotgrüne von Lenin gelernt haben, ist nicht nur, dass die Kernfrage die Frage der Macht ist, sondern auch, dass im Kampf um die Macht die Dialektik von Strategie und Taktik zu nutzen ist, die verkürzt lautet: Der Zweck heiligt die Mittel oder im Kampf um die Macht ist alles erlaubt.

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