
In Hamburg-Hochkamp, einem der wohlhabendsten Stadtteile der Hansestadt, wehrt sich der dortige Verein Hochkamp gegen den Bau einer Unterkunft für Asylbewerber. Grundlage ist ein über 120 Jahre altes Sonderrecht. Der Verein, gegründet 1918, wacht seit über 125 Jahren über die Bauvorgaben in der Villensiedlung. Eine Baulast aus dem Jahr 1898 räumt ihm das Recht ein, Bauvorhaben im Viertel – auch auf städtischem Boden – zu genehmigen oder zu blockieren. Die Sozialbehörde hatte geplant, auf dem P+R-Parkplatz eine modulare Unterkunft für 120 Asylbewerber zu errichten.
Am Mittwochabend stellte Staatsrätin Petra Lotzkat die Pläne für die Unterkunft auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung des Vereins vor. Trotz langer Diskussion sprach sich die Mehrheit der Mitglieder gegen das Vorhaben aus. Zur Begründung hieß es, die Zustimmung könne einen Präzedenzfall schaffen und so den Charakter des Viertels langfristig verändern. „Andere Grundstückseigentümer könnten sich darauf berufen und ebenfalls auf ihren weitläufigen Grundstücken finanziell lukrativere Mehrfamilienhäuser errichten“, erklärte ein Vorstandsmitglied gegenüber dem Hamburger Abendblatt.
Die Entscheidung des Vereins stieß bei der Hamburger SPD auf heftige Kritik. Fraktionschef Kienscherf bezeichnete das Verhalten der Anwohner als „unsolidarisch und unhanseatisch“. Die wohlhabenden Bewohner würden sich mithilfe eines veralteten Rechts ihrer gesellschaftlichen Verantwortung entziehen:„Es ist absurd, dass eine als Parkplatz ausgewiesene städtische Fläche aufgrund eines über ein Jahrhundert alten Privilegs nicht für eine temporäre Nutzung zum Wohl aller Hamburger:innen genutzt werden kann“, so Kienscherf weiter. „Diese Weltoffenheit, die über Jahrhunderte Grundlage für den Wohlstand unserer Stadt war, stellen nun ausgerechnet diejenigen infrage, die davon am stärksten profitiert haben.“
Doch nicht alle teilen die Kritik. Vertreter von CDU und AfD stellten sich hinter den Verein Hochkamp und warfen der SPD vor, die Debatte unnötig zu eskalieren. CDU-Fraktionsvize Anke Frieling mahnte zur Mäßigung: „Die Entscheidung des Vereins wurde gründlich abgewogen.“ AfD-Fraktionschef Dirk Nockemann lobte das Votum als „gelebte Demokratie“.