
Es ist das erste Mal in der Geschichte der Bundesrepublik, dass ein designierter Bundeskanzler nicht im ersten Wahlgang vom Parlament gewählt wurde. Der noch amtierende Bundeskanzler Olaf Scholz zeigte sich darüber bestürzt, das Wahlergebnis sei „absurd“. Gegenüber dem Stern sagte er, dass eine Kanzlerwahl „kein Spaß“ sei. Der designierte Außenminister Johann Wadephul gibt sich derweil gelassen. „Kein Drama, trotz der Überraschung“, sagte er laut Bild.
Carsten Linnemann, Generalsekretär der CDU, versucht nach Merz‘ Scheitern die Geschlossenheit der Union zu demonstrieren: „Wir hatten gerade Standing Ovations in der Fraktion – richtig lauter, frenetischer Applaus“, sagte er der Welt. Er fordert, dass es „jetzt zügig gehen“ müsse. Zunächst hieß es, dass es am Dienstag keinen zweiten Wahlgang geben wird. Aktuell beraten die Fraktionsspitzen jedoch darüber, wie man die zweite Abstimmung doch noch möglich machen könnte.
Über die Frage, wer am Scheitern der ersten Abstimmung schuld ist, herrscht noch immer Uneinigkeit. Union und SPD schieben sich gegenseitig den schwarzen Peter zu. Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil betonte, dass auf seine Partei Verlass sei. Auch der SPD-Politiker Ralf Stegner sagte, dass die Partei geschlossen für den Kanzlerkandidaten gestimmt habe – „Wir haben ja keine Alternative, sonst stürzt das Land ins Chaos“.
Die Union sieht die Schuld für das Wahlergebnis bei der SPD. Dort vermutet man Abweichler. Trotzdem will man in einem neuen Versuch Einigkeit zeigen: In einer Presseerklärung sagte Jens Spahn, dass Union und SPD Merz erneut als Kanzler vorschlagen werden. Auch er betont, dass es einen „stehenden, langanhaltenden Applaus“ in der Unionsfraktion gegeben habe.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder verlautete in einer Presseerklärung derweil, dass das Ergebnis eine Enttäuschung sei. Es sei ein „Schaden für unser Land, für die Demokratie“. Söder führt aus, dass die gescheiterte Wahl ein „Vorbote von Weimar“ sein könnte. Die Folgen seien nicht absehbar. Es sei darum wichtig, nun vernünftig zu handeln und keine Denkzettel auszustellen. „Es geht jetzt nicht um den Einzelnen, es geht um uns alle“, betonte er. „Noch ist alles lösbar, noch ist alles heilbar“. Ein guter Start sei noch möglich – dafür müsse man aber jetzt handeln.
Auch der saarländische CDU-Vorsitzende Stephan Toscani fordert einen schnellen zweiten Wahlgang. „Die Lösung der Probleme in unserem Land duldet keinen Aufschub und kein Taktieren“, sagte er der dpa. „Als Union stehen wir geschlossen hinter unserem Kanzlerkandidaten und zu der Verantwortung für unser Land.“