Weil er Grünen-Politikerin Katharina Schulze „Hexe“ nannte: Podcaster muss vor Gericht

vor 7 Monaten

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Bildquelle: NiUS

Weil er die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag, Katharina Schulze, und Correctiv-Journalistin Jeannette Gusko als „Hexe“ bezeichnet hat, muss sich der Podcaster Christian Schneider im Januar vor Gericht verantworten. Neben dem Strafverfahren kommt nun weiterer juristischer Ärger auf ihn zu: Schulze fordert von Schneider auf zivilrechtlichem Weg, Geld für die erlittene „Persönlichkeitsverletzung“ zu zahlen.

Knapp 1000 Euro und eine Unterlassungserklärung würde es Christian Schneider kosten, ein zweites Gerichtsverfahren und die Zahlung von 10.000 Euro zu vermeiden. Doch diesen einfachen Weg will er nicht gehen. „Ich werde das jetzt auskämpfen“, sagt Schneider gegenüber NIUS.

Was war passiert? Nachdem gegen Schneider bereits Strafverfahren wegen der Beleidigung der Grünen-Politikerin Katharina Schulze und der Correctiv-Geschäftsführerin Jeannette Gusko laufen, hat er im September Post von den Anwälten der bayerischen Grünen-Politikerin erhalten. Darin geht es um einen Tweet, den Schneider im vergangenen November veröffentlicht hat, und der sich auf ein Wahlplakat der Grünen bezieht. Folgender Wortlaut ist darin zu lesen:

„Ich komm hier drauf nicht klar. Ich weiß nicht, wo ich bei dieser grünen Hexe und ihrer Bande anfangen soll. Hab mehrere Entwürfe verfasst und wieder verworfen, weil das so dermaßen auf einem anderen Planeten ist, dass ich es nicht in einen Beitrag kriege. Ins Feuer. Das ist der Post.“

Die Juristen behaupten: „Die Äußerung über unsere Mandantin ist beleidigend und verletzt damit das allgemeine Persönlichkeitsrecht unserer Mandantin.“

Schulze sei deshalb berechtigt, den „rechtswidrigen Störungszustand“, den Schneider durch seine Worte geschaffen habe, beseitigen zu lassen. Die Anwälte fordern Schneider auf, den Tweet zu löschen und die Kosten ihrer Einschaltung zu übernehmen. Weiter heißt es: „Der Gegenstandswert ist aufgrund des Interesses unserer Mandantin auf 10.000 Euro zu beziffern.“

Das Schreiben sagt im Klartext: Wenn Schneider die knapp 1000 Euro Anwaltskosten zahlt und den Tweet löscht, wird Schulze davon absehen, die 10.000 Euro, die ihr laut Einschätzung der Anwälte zustehen, von ihm einzufordern.

Doch Schneider will diese vermeintlich großzügige Geste nicht annehmen, lässt sich nun durch die Kanzlei von Star-Anwalt Ralf Höcker in der Sache vertreten. „Wenn sie es darauf anlegt, die Sache vor Gericht auszutragen – ich bin dabei“, so Schneider. Immerhin müsse Schulze im Falle eines Gerichtsverfahrens persönlich erscheinen.

Neben dem Zivilverfahren muss sich Schneider auch in einem Strafprozess verantworten. Wenn er im Januar auf der Anklagebank sitzt, werden drei Tweets gesammelt verhandelt: Der bereits erwähnte, gegen den Schulze zusätzlich zivilrechtlich vorgeht, außerdem ein weiterer Tweet über die Grünen-Politikerin sowie ein Tweet, in dem Schneider Correctiv-Geschäftsführerin Jeanette Gusko als „Stasi-Hexe“ bezeichnet.

Hier die zwei weiteren Tweets, für die sich Schneider im Januar strafrechtlich verantworten muss:

1. „Finds absolut krank, wie diese verstrahlte Hexe gar nichts merkt.“

3. „Diese Stasi Hexe klingelt an deiner Tür und bettelt um noch mehr Geld für „Demokratie“. Was sagst du ihr?“ (Im angehängten Video ist Correctiv-Geschäftsführerin Jeannette Gusko zu sehen, die um Spenden für ihre Organisation bittet)

Die Staatsanwaltschaft Köln sieht in den Tweets gegen Schulze „gegen eine Person des politischen Lebens gerichtete Beleidigungen“, die nach Paragraph 188 StGB strafbar sind, sowie eine Beleidigung nach Paragraph 185 StBG. Sie fordert eine Gesamtgeldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 30 Euro – Das sind in diesem Fall insgesamt 2100 Euro. Zusätzlich soll Schneider die Kosten des Verfahrens tragen.

Im Strafbefehl heißt es: „Durch diese beiden gesellschaftlich zu missbilligenden Äußerungen würdigten Sie die betroffene Politikerin jeweils bewusst und in ehrangreifender Weise herab. Der politische Wirkungskreis der betroffenen Politikerin wurde dadurch eingeengt und der Blick der Bevölkerung bewusst in eine Richtung gelenkt, die das Vertrauen in die persönliche Integrität der betroffenen Politikerin erschüttert. Die Äußerungen konnten zudem von einer Vielzahl von Twitter-Nutzern, mit denen Sie nicht durch persönliche Beziehungen verbunden waren, eingesehen werden. Sie veröffentlichten die Beiträge auch in Kenntnis dieser Umstände.“

Da Correctiv-Geschäftsführerin Jeannette Gusko keine Politikerin ist, erhielt Schneider in diesem Fall einen Strafbefehl über eine Beleidigung nach dem Paragraphen 185. Hier soll er eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 100 Euro – also insgesamt 4000 Euro – sowie die Kosten des Verfahrens zahlen.

Dabei liegt das Einkommen, das die Staatsanwaltschaft für diese Rechnung herangezogen hat, weit unter Schneiders tatsächlichem Verdienst. „Würde mein reales Einkommen in die Rechnung einfließen, wäre es eine immense Summe, die ich bezahlen müsste“, sagt Schneider.

Schneider ist es wichtig, seinen Fall möglichst publik zu machen, um die Angelegenheit stellvertretend für all diejenigen auszukämpfen, die sich nicht trauen, sich zu wehren und lieber die geforderte Strafe zahlen.

Er hält den unter der damaligen Bundeskanzlerin Merkel 2021 eingeführten Beleidigungs-Paragrafen 188 StGB, der „gegen Personen des politischen Lebens gerichtete Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung“ unter Strafe stellt, für extrem problematisch und fordert seine Abschaffung: „Diesen Straftatbestand dürfte es gar nicht geben, er gehört in die Tonne“, sagt er. „Es gibt kein Recht darauf, sich nicht beleidigt zu fühlen, gerade als Politiker. Es gibt allerdings sehr wohl ein Recht darauf, frech zu Autoritäten zu sein zu dürfen, und ihr Handeln scharf und kritisch zu kommentieren – gerade für mich als Podcaster und Kommentator. Ich habe mich schließlich nicht zu irgendwelchen Omas auf der Straße geäußert, sondern zu einer Person, die Macht hat.“

Für das Recht, das in Zukunft wieder straffrei tun zu können, will er kämpfen.

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