
Der Präsident des Thüringer Landesverfassungsgerichts Klaus von der Weiden erklärte in einem Gespräch auf dem YouTube-Kanal „(R)echt Interessant!“, dass er, sollte die AfD weiter die Besetzung des Richterwahlausschusses und damit die Wahl neuer Richter blockieren, bereits „Lösungen“ parat habe. Das Gericht könne dann selbst aktiver werden, deutete er an.
Ausgangslage des Problems ist ein Streit im Thüringer Landtag. Der AfD werden als stärkste Kraft entscheidende Posten im Landesparlament verwehrt, etwa der des Parlamentspräsidenten oder der Mitglieder im Kontrollgremium des Landesverfassungsschutzes. Diesen Umstand will die Fraktion um AfD-Landeschef Björn Höcke nicht mehr länger hinnehmen: Deshalb verweigert sie mit ihrer Sperrminorität seit Monaten die Neubesetzung des Richterwahlausschusses und des Staatsanwaltswahlausschusses. Denn die Wahl dieser Gremien ist nur mit Zwei-Drittel-Mehrheit möglich.
Die beiden Ausschüsse sind mit der Besetzung aller Richter- und Staatsanwaltschaftsposten auf Lebenszeit im Bundesland betraut. Sollte der Ausschuss nicht tagen können, können keine solche Richter und Staatsanwälte berufen werden. Insbesondere aufgrund der drohenden Pensionierungswelle warnt die Landesregierung daher vor einem „Justizstillstand“.
Diesen Stillstand greift der Jurist im Gespräch auf. „Die Idee des Richterwahlausschusses ist ja die, eine demokratische Legitimation in diesen Ernennungsakt einzubringen“, erklärt von der Weiden. Diese sei „auch aus dem Grundgesetz“ abzuleiten, welches „die Länder ermächtigt, Richterwahlausschüsse für die Landesrichter einzurichten“.
Dieser Ausschuss sei „eine demokratische Kontrolle“, bei dem es weniger „um die fachliche Expertise der Richterinnen und Richter, sondern auch um deren demokratisches Profil“ gehe. Sollte sich dieser Stallgang länger hinziehen, müsse „Wege finden“, um die Probleme zu lösen. Für eine Lösung habe er „was im Kopf. Auch da will ich nichts zu sagen, wie man dieses Problem auflösen könnte“. Eine Idee deutete von der Weiden jedoch an. Er könne sich vorstellen, dass wenn die Politik sich nicht einigen könne, sie „dann relativ zu uns kommt“, also zum Verfassungsgericht.
Bereits im Dezember des vergangenen Jahres, wurde vom alten Bundestag ein Gesetz verabschiedet, welches einer solchen Problematik, wie sie derzeit in Thüringen vorherrscht, auf Bundesebene voraus greifen sollte. Für das Bundesverfassungsgericht wurde dort festgelegt, dass bei ausbleibender Zwei-Drittel-Mehrheit für eine zu besetzende Richterstelle durch den Bundestag auch der Bundesrat entscheiden kann – und umgekehrt. Damit soll verhindert werden, dass einzelne Parteien das Verfahren blockieren. Kritiker warnen jedoch, dass die Überparteilichkeit der Richterwahl damit ausgehöhlt werde, da CDU, SPD und Grüne im Bundesrat stark vertreten sind und somit de facto allein entscheiden könnten – ohne etwa AfD und Linke, die jetzt zusammen eine Sperrminorität auf Bundesebene haben.
Ebenfalls wurde erstmals das Bundesverfassungsgericht selbst Teil des Verfahrens gemacht: Wenn nach einer Frist von zwei Monaten nach Amtszeitende des bisherigen Richters, der nachbesetzt werden soll, kein Nachfolger gewählt werden konnte, soll dann Karlsruhe selbst Vorschläge für die Richterwahl machen. Womöglich deutete von der Weiden eine ähnliche Regelung auch für Thüringen an. Die Debatte um die Wahl der Richter geriet durch die jüngste Personaldebatte um Frauke Brosius-Gersdorf im Bund jedenfalls wieder stärker in die Öffentlichkeit.