
Ein Gesetzentwurf der Bundesregierung soll Deutschland völkerrechtlich an die internationalen Gesundheitsvorschriften der Weltgesundheitsorganisation (WHO) binden. Im Kampf gegen Pandemien sowie „Fehl- und Desinformationen“ bleiben mit der vollumfänglichen Zustimmung zu den neuen Regelungen jedoch etliche Grundrechte auf der Strecke.
Nach Artikel 19 des Grundgesetzes muss der Gesetzgeber stets explizit machen, welche Grundrechte eingeschränkt werden. Die in diesem WHO-Gesetz genannten Artikel betreffen die Grundrechte der körperlichen Unversehrtheit, der Freiheit der Person, des Brief- und Postgeheimnisses und der Freizügigkeit.
Dass diese Aufzählung wirklich vollständig ist, darf bezweifelt werden. Denn die Bundesrepublik verpflichtet sich en passant, „Kernkapazitäten“ für den „Umgang mit Fehl- und Desinformationen“ zu schaffen. Innerhalb von fünf Jahren müssen diese ausgebaut sein. „Schnellere Handlungsfähigkeit“ ist erklärtes Ziel der Regierung.
Im Klartext: Die Meinungsfreiheit soll eingeschränkt werden. „Top-Priorität“ für Christian Drosten war schon beim World Health Summit 2023 die zentrale Auswahl der Forscher, die sich öffentlich äußern dürfen. Wer nicht von Wissenschaftsorganisationen autorisiert sei, solle schweigen beziehungsweise von den Medien nicht berücksichtigt werden.
Widerspruch gegen die Regierungsinterpretation wissenschaftlicher Erkenntnisse könnte so kriminalisiert werden. Dabei hatte schon die Coronamaßnahmen-Zeit gezeigt, dass etwa viele Behauptungen von Gesundheitsminister Lauterbach nicht haltbar waren – etwa als er Impfungen als „nebenwirkungsfrei“ bezeichnete oder vor schweren Omikron-Erkrankungen warnte. Ferner sei an die vehemente Ablehnung der Laborthese durch führende Virologen wie Christian Drosten erinnert, die eine künstliche Herkunft von SARS-CoV-2 aus dem Labor früh und kategorisch ausschlossen.
Die Bekämpfung einer angeblichen „Infodemie“ mag dabei einen wahren Kern haben. Kuriose Behandlungsvorschläge oder die grundsätzliche Leugnung der Existenz von Viren können zur Verbreitung von Krankheitserregern und gesundheitlichen Schäden beitragen. Eine Durchsetzung der „wahren“ Meinung mit staatlichen Mitteln artet jedoch schnell in umfassende Kontrolle aus.
Die „Kernkapazitäten“ für den Gesundheitssektor könnten auch in anderen Bereichen genutzt werden, sobald sie sich hier bewährt haben. Dann droht eine Zensurverwaltung, die nach der Vereinbarung nicht nur auf nationaler Ebene, sondern mit einem Unterbau auf „mittlerer Ebene“ einzurichten ist.
Im Namen der AfD-Fraktion kritisierte die Fachzahnärztin Christina Baum schon im Juli den drohenden Souveränitätsverlust durch die Übernahme der Vorschriften ins Bundesgesetz. Gerichte könnten auf dieser Grundlage etwa Impfpflichten oder Freiheitseinschränkungen für legitim erklären, mithin „unsere Freiheit zur Disposition stellen.“
Deutsche Regierungsvertreter hatten immer wieder betont, durch den kommenden Pandemievertrag würden keine Grundrechte eingeschränkt. Nun stellt sich heraus: Schon in der Vorstufe des Pandemievertrags sind erhebliche Einschränkungen enthalten. Die Regierungen von Großbritannien, Italien und Österreich hätten daher eine Implementierung der Regeln zurückgewiesen, berichtet die Neue Zürcher Zeitung.
Eigentlich soll es bei den internationalen Gesundheitsvorschriften um Prävention und Management von Pandemien gehen. Eingeführt werden soll der Begriff „pandemische Notlage“, eine nationale Koordinierungsstelle und ein Informationsgebot gegenüber der WHO. „Gerechtigkeit“ und „Solidarität“ sind neuerdings als Grundsätze verankert. Auch zusätzliche Belastungen für die Wirtschaft muss der Gesetzentwurf einräumen: Flughäfen und Häfen müssen Vereinbarungen mit Laboren zur Untersuchung von Proben treffen.
Merz hält die Verabschiedung des Gesetzes für „besonders eilbedürftig“. Der Bundesrat scheint diese Auffassung aber nicht zu teilen und hat mehr als drei Wochen nach der Zuleitung des Gesetzes noch keine Stellungnahme vorgelegt.
Noch mehr Einschränkungen von Grundrechten könnten durch den Pandemievertrag aus diesem Jahr folgen. Dessen Ratifizierung und Implementierung steht noch aus und verzögert sich, weil die WHO noch an einem Anhang arbeitet.