Wie die Union die Zusammenarbeit mit der Linkspartei vorbereitet – sie steht sogar schon im Koalitionsvertrag

vor 4 Tagen

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Nur dank der Zustimmung der Linkspartei konnte Friedrich Merz im zweiten Wahlgang zum Bundeskanzler gewählt werden – dank der Partei, zu der die CDU seit 2018, ebenso wie zur AfD, einen Unvereinbarkeitsbeschluss hat. „Das war doch keine Zusammenarbeit, da ging es nur um die Geschäftsordnung“, kommt als gleichlautende Ausrede aus der Union. Dabei ist ein Paktieren von CDU und CSU mit den Linken im Koalitionsvertrag längst angelegt und wird nun auch kommunikativ vorbereitet.

Schock nach dem verlorenen ersten, Freude nach dem geschafften zweiten Wahlgang: Bundeskanzler Friedrich Merz

Alle im Bundestag schienen geschockt, als Bundestagspräsidentin Julia Klöckner verkündete, dass Friedrich Merz – ein Novum in der bundesdeutschen Geschichte – nicht im ersten Wahlgang zum Bundeskanzler gewählt worden ist. Ein zweiter Versuch am gleichen Tag wäre laut Geschäftsordnung nur möglich gewesen, wenn zwei Drittel des hohen Hauses einer Ausnahme zustimmen.

Es war bereits jenes Dilemma, das Merz und Klingbeil dazu veranlasste, die größten Schuldenberge in der Geschichte Deutschlands (mindestens 2 Billionen Euro in den kommenden zwölf Jahren) mit dem alten, bereits abgewählten Bundestag zu beschließen, weil im neugewählten Bundestag die Stimmen von Union und SPD nicht einmal bei einer Zusammenarbeit mit den Grünen für eine Zwei-Drittel-Mehrheit reichen – es ist immer die Zustimmung entweder von AfD oder von den Linken nötig.

Ein Auszug aus dem Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU aus dem Jahr 2018.

Die Logik der sogenannten „Brandmauer“ ist im Koalitionsvertrag festgeschrieben – der Unvereinbarkeitsbeschluss mit der Linkspartei, den die CDU im Dezember 2018 beschlossen hat, nicht. Im Gegenteil: Im Koalitionsvertrag ist angelegt, dass es eine Zusammenarbeit von Union und Linkspartei geben MUSS und zwar beim Thema Schuldenbremse.

„Wir werden eine Expertenkommission unter Beteiligung des Deutschen Bundestages und der Länder einsetzen, die einen Vorschlag für eine Modernisierung der Schuldenbremse entwickelt, die dauerhaft zusätzliche Investitionen in die Stärkung unseres Landes ermöglicht. Auf dieser Grundlage wollen wir die Gesetzgebung bis Ende 2025 abschließen“, heißt es im Koalitionsvertrag wörtlich.

Um die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse zu verändern, braucht es zwei Drittel der Stimmen im Bundestag. Unter Einhaltung der „Brandmauer“ ist eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei, die SPD-Chef Lars Klingbeil am Dienstag als „Partei der politischen Mitte“ adelte, unausweichlich. Das dämmert nun auch immer mehr Politikern in der Union. Der Bruch des Unvereinbarkeitsbeschlusses wird kommunikativ vorbereitet.

Selfies bei der Kanzlerwahl: Die Linkspartei wird bei den großen Vorhaben der Koalition, für die eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig ist, wohl ein Wörtchen mitzureden haben.

Merz' wichtigster Mann in der Regierung, Kanzleramts-Chef Thorsten Frei, spricht ganz offen an, welches Problem die fehlende Zwei-Drittel-Mehrheit darstellt – und zeigt sich mehr als offen für ein Begraben des Unvereinbarkeitsbeschlusses: „Mit Sicherheit sind wir in einer Situation, wo wir die eine oder andere Frage neu bewerten müssen. Und wir haben gestern ein weiteres Mal sehen können, was es für ein Problem ist, wenn man nicht absehbar auch eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Deutschen Bundestag organisieren kann“, sagte Frei bei ntv.

Auf die Frage, ob der Unvereinbarkeitsbeschluss zur Linkspartei abgeschafft werden solle, ergänzte Frei: „Wir werden gemeinsam darüber zu sprechen haben, aber am Ende des Tages geht es um pragmatische Lösungen für unser Land. Das Wohl des Landes ist immer höher zu bewerten als Parteiinteressen.“

Partei-General Carsten Linnemann sagte zwar bei Markus Lanz an, seine Partei würde „offen“ mit solchen Fragen umgehen, Linnemann stellt sich aber hinter den Unvereinbarkeitsbeschluss: „Der Unvereinbarkeitsbeschluss gilt. Es gibt immer noch linksextremistische Strömungen innerhalb der Linkspartei. Wie in Zukunft darüber gesprochen wird, das müssen Parteitage zeigen. Wir haben die CDU als Partei, die sehr offen mit diesen Dingen umgeht. Aber wir haben diesen Unvereinbarkeitsbeschluss, der steht und da stehe ich auch dazu.“ Auch im Talk von Sandra Maischberger wies Linnemann auf die linksextremen Strömungen hin, die innerhalb der Linken geduldet würden, unter anderem in Nordrhein-Westfalen.

Hört man Kanzleramts-Chef Frei zu, geht es nicht mehr um die Frage, ob die Union mit der Linkspartei zusammenarbeiten und Grundgesetzänderungen beschließen wird, sondern nur noch um die Frage, wann – und mit Blick auf den Koalitionsvertrag soll es schon Ende dieses Jahres so weit sein. Ob sich die Merz-Regierung durch Widerstand aus der CDU und von Generalsekretär Carsten Linnemann wird aufhalten lassen, bleibt fraglich.

Mehr NIUS: Unvereinbarkeitsbeschluss gefallen: Wie die Linkspartei Friedrich Merz zur Macht verholfen hat

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