
Das Familienministerium hat Gerd Schröder (SPD) einst als Ministerium für “Gedöns” bezeichnet. Zur Verteidigung des Altkanzlers muss man sagen, dass es damals das “Ministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung” noch nicht gab. Das hat erst Friedrich Merz (CDU) als Kanzler gegründet: zum Abbau der Bürokratie zusätzliche Verwaltung. Als Experte für Digitalisierung einen Manager, der mit Saturn und Media Markt das Online-Geschäft verschlafen hat – Friedrich Merz halt.
Laut Umfragen kennen die allermeisten Bürger den zuständigen Minister noch nicht. Er heißt Karsten Wildberger (CDU). Mit dem Problem beladen, blass und wirkungslos zu sein, hat sich der Staatsmodernisierungsminister an Experten gewandt. Experten mit Übung darin, einen Mann von der politischen Außenlinie als Mittelstürmer zu inszenieren: die Macher vom Springer-Verlag.
Die haben damals schon Justizminister Marco Buschmann (FDP) als harten Mann inszeniert, der versprochen hat, die Saboteure der Ostsee-Pipeline Nordstream jagen zu wollen. Und das hat er ja dann auch getan. Er hat sie gejagt. Dass er sie erwischen würde, hat der Erfinder des Selbstbestimmungsgesetzes nie versprochen. Aber dafür hat er so wunderbar entschlossen in die Kameras des Springer-Verlags geblickt – wie ein Chihuahua, der sich selbst als Dobermann liest.
Nun hat der Springer-Verlag Karsten Wildberger seinen Buschmann-Moment verschafft. Die Bild schreibt über ihn: “Digitalminister Karsten Wildberger wirft die Kettensäge an und stellt der Regierung ein Anti-Bürokratie-Ultimatum!” Extra mit Ausrufezeichen. Die Kettensäge. So wie der argentinische Präsident. Karsten Wildberger als Javier Milei, den man auf Temu bestellt. Am Rande ein Service für den Staatsmodernisierungsminister: Temu ist ein Online-Händler. Die arbeiten mit diesem Internet da.
Wildberger will die Bürokratie in Deutschland abbauen. Das ist dem Springer-Verlag eine Schlagzeile wert. Völlig zu Recht. Wie oft passiert das schon, dass in Berlin ein Politiker den Abbau der Bürokratie fordert? Doch höchstens 200-mal am Tag. Und der Staatsmodernisierungsminister hat ja auch ganz konkrete Vorschläge: Er fordert ganz konkret die anderen Minister auf, ganz konkret vorzuschlagen, was sie ganz konkret umsetzen wollen. In Berlin kreist wirklich die Kettensäge. Außerdem plant Wildberger ein “Entlastungskabinett”. Denn nichts baut Bürokratie so zuverlässig ab wie ein Arbeitskreis – gut, vielleicht noch ein zusätzliches Ministerium.
Profanere Geister als Wildberger würden aufs Geld schauen, um zu bewerten, wie die Staatsmodernisierung in Deutschland läuft. Da muss TE sich selbst korrigieren. Wir haben am gestrigen Mittwoch berichtet, dass die schwarz-rote Koalition an nahezu keiner Stelle spare. Das lässt sich so nicht halten. Die Regierung Friedrich Merz spart nämlich – in der Forschung und in der Digitalpolitik. Die sind ja auch für die Zukunft eines Landes nicht so wichtig wie der Sozialetat oder die Repräsentations-Ausgaben des Kanzlers oder des Bundespräsidenten.
Auch die Digitalpolitik hält die Regierung Merz offensichtlich nicht für ein Zukunftsthema. Schließlich hat sie den Staatsmodernisierungsminister Wildberger – das muss reichen. So reduziert der Bund die Ausgaben für den Breitbandausbau von 2,93 auf 2,25 Milliarden Euro. Im Mobilfunkausbau geht der Etat um 200 Millionen Euro zurück. Einen Aufwuchs gibt es im Bereich des Digitalen aber auch: in der Verwaltung. Von 18,6 auf 21,2 Millionen Euro steigen die “Verwaltungsausgaben der Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft”. 14 Prozent höhere Verwaltungskosten innerhalb eines Jahres. Oder wie es der Springer-Verlag zu verkaufen sucht: In Berlin kreist die Kettensäge.
Steuern müssen die Bürger weiterhin bezahlen. 66 Milliarden Euro waren es laut Finanzministerium allein im Juli. Drei Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Wobei der Zuwachs vor allem aus dem Bereich der Einkommenssteuer kommt. Die Einnahmen aus der Mehrwertsteuer sind indes zurückgegangen. Für Arbeitnehmer bedeutet das eine schlechte und eine gute Nachricht: Der Staat lässt ihnen nichts mehr von ihrem Lohn übrig, dafür müssen sie sich aber auch nicht sorgen, wie sie ihr Geld ausgeben. Staatsmodernisierung, wie sie die Regierung Friedrich Merz versteht. Deren Minister für Gedöns und Kettensägen heißt übrigens Karsten Wildberger.