
Der Sanierungsbedarf im deutschen Brückennetz ist weitaus größer als vom Bund bisher angenommen. Eine Erhebung der Organisation Transport & Environment (T&E) offenbart das Ausmaß des Problems. Nach Einschätzung von T&E gelten allein 16.000 Brücken in Bundesverantwortung als baufällig. Insgesamt könnte sich der Investitionsbedarf für den Ersatz maroder Brücken auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene auf bis zu 100 Milliarden Euro belaufen.
Das 2022 aufgelegte Brückenmodernisierungsprogramm des Bundesverkehrsministeriums greife zu kurz. Es nehme lediglich das sogenannte Kernnetz stark belasteter Autobahnen in den Blick, argumentiert T&E. 4.000 Brücken sollen innerhalb von zehn Jahren saniert werden, weitere 4.000 langfristig folgen. Für T&E ist das unzureichend. Mindestens 5.905 Brücken müssen komplett ersetzt werden, weitere über 10.000 sind so belastet, dass auch bei ihnen ein Neubau wahrscheinlich ist, so die Einschätzung.
„Dass viele Brücken im deutschen Straßennetz in einem schlechten Zustand sind, war schon lange absehbar“, heißt es im Bericht von T&E. Viele Bauwerke stammen aus den 1970er Jahren, sie wurden schlicht für eine andere Belastung konzipiert. Immer häufiger müssen Brücken kurzfristig gesperrt werden, weil Sicherheitsmängel akut werden. So zum Beispiel die Ringbahnbrücke auf der A100 in Berlin, im März 2025.
Der Zustand der Brücken variiert regional deutlich. Besonders kritisch ist die Lage in den Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen – hier sind viele Brücken deutlich überlastet. In Nordrhein-Westfalen ist der Anteil der dringend sanierungsbedürftigen Brückenfläche doppelt so hoch wie in Bayern. Erfreulicher sieht es in den ostdeutschen Flächenländern aus: Hier wurden viele Brücken in den 1990er Jahren errichtet – bereits mit Blick auf höhere Verkehrslasten.
T&E sieht die nächste Bundesregierung in der Pflicht. Anstatt immer neue Straßen zu bauen, müsse die Sanierung bestehender Infrastruktur oberste Priorität haben. Auch die finanzielle Unterstützung für Kommunen müsse deutlich ausgebaut werden. Denn oft fehlt es gerade dort an Mitteln, um dringend nötige Erhaltungsmaßnahmen anzugehen – mit teils dramatischen Folgen, wie der Teil-Einsturz der Carolabrücke in Dresden im September 2024 zeigte.