Bayrisches Gericht: Das Kreuz kommt runter – Klage zweier Schülerinnen erfolgreich

vor etwa 7 Stunden

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Bildquelle: Tichys Einblick

Bayern steht erneut im Zentrum eines symbolträchtigen Kulturkampfes: Das Kreuz im öffentlichen Raum. Jahrhundertelang Sinnbild der abendländischen Identität – und wird von einem Gericht nun als Angriff auf die individuelle Freiheit gedeutet. Zwei Schülerinnen haben sich erfolgreich gegen ein Kruzifix im Eingangsbereich ihres Gymnasiums gewehrt. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) gab ihnen nun recht und erklärt: Das Kreuz verletze ihre „negative Glaubensfreiheit“.

Es geht um ein stattliches Holzkreuz mit gekreuzigtem Christus, 1,50 Meter hoch, 50 Zentimeter breit, gut sichtbar am Haupteingang eines staatlichen Gymnasiums in Wolnzach angebracht. Die Klägerinnen fühlten sich von diesem Anblick täglich in ihrer Freiheit beeinträchtigt. Die Schulpflicht zwang sie, diesem schlimmen Symbol immer wieder zu begegnen. Ein Ausweichen war, so die Richter, unmöglich. Die Schule weigerte sich, das Kreuz abzuhängen. Jetzt hat der Verwaltungsgerichtshof die Entscheidung kassiert: Diese Weigerung sei rechtswidrig gewesen.

Der Fall ist ein Paradebeispiel dafür, wie die Rechtsprechung immer stärker als Abrissbirne kultureller Selbstverständlichkeiten dient. Als Grundlage zog das Gericht die berüchtigte Kruzifix-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 1995 heran. Damals wurde das Anbringen von Kreuzen in Unterrichtsräumen öffentlicher Schulen als Verstoß gegen die Religionsfreiheit gewertet. Eine Entscheidung, die bis heute als tiefer Einschnitt in die kulturelle Identität Bayerns wirkt. Die Richter betonten, dass es keine gesetzliche Grundlage für Kreuze an Gymnasien gibt. Anders als bei Grundschulen oder staatlichen Dienstgebäuden fehle hier ein ausdrückliches Gesetz. Ein Kreuz in einer weiterführenden Schule? Juristisch nicht vorgesehen, so das Verdikt.

Die Schülerinnen haben die Schule mittlerweile mit Abitur verlassen. Doch das Gericht entschied, dass ein „schutzwürdiges Interesse“ an der Feststellung der Grundrechtsverletzung bestehe. Das Signal ist eindeutig: Wer sich am kulturellen Erbe stört, kann posthum noch auf Rechtsschutz hoffen. Nicht alle Klagepunkte waren erfolgreich: Der verpflichtende Alternativunterricht während Schulgottesdiensten wurde vom Gericht als rechtmäßig bestätigt. Wer nicht am Gottesdienst teilnimmt, muss also weiterhin Ersatzunterricht besuchen.

Bayerns politische Spitze zeigte sich „bedauernd“, aber nicht wirklich kampfeslustig. Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) nannte die Entscheidung „bedauerlich“, CSU-Fraktionschef Holetschek betonte das Kreuz als „Zeichen für Nächstenliebe und Verantwortung“. Viel Pathos, wenig Widerstand. Söders legendärer „Kreuzerlass“ von 2018, der das Aufhängen von Kreuzen in staatlichen Gebäuden anordnete, bleibt laut Gericht formal unberührt. Doch gerade diese Entscheidung markiert erneut, wie schnell politisch lautes Bekennen im juristischen Alltag verdampft.

Die bayerische CSU führt das Kreuz gern vor sich her, wenn es Wählerstimmen bringt. Im Ernstfall jedoch duckt man sich weg, um keinen Ärger mit den Verfassungsgerichten zu riskieren. Auch hier zeigt sich die Erosion einer Partei, die sich einst stolz als Hüter des christlichen Abendlands präsentierte.

Das Kreuz wird schleichend aus Schulen, Gerichten, Rathäusern entfernt. Ein Symbol für eine Gesellschaft, die sich ihrer Wurzeln schämt, statt sie zu verteidigen. Statt Klarheit und Selbstbehauptung triumphiert ein juristisch überdrehtes Toleranzdogma, das jede kulturelle Spur unter Verdacht stellt. Das Urteil ist kein Einzelfall, sondern Teil einer größeren Bewegung: der planmäßigen Abwicklung aller Zeichen, die an Tradition und Identität erinnern. Bayern mag sich gern als letzte Bastion christlich-abendländischer Werte inszenieren, aber die Realität zeigt, dass auch hier längst das leise Abhängen stattfindet.

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