
Er ist 41 und doch schon so etwas, wie die graue Eminenz im Hintergrund der sächsischen CDU: Conrad Clemens war Chef der Jungen Union Berlin, Landesgeschäftsführer in Sachsen und Wahlkampfleiter bei der Landtagswahl 2019. Als frisch ernannter Chef der Sächsischen Staatskanzlei zieht Clemens die Strippen im Hintergrund von Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und ist auch bei den heiklen Gesprächen mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht mit dabei.
Bei „Schuler! Fragen, was ist“ gibt er zum ersten Mal Einblick in den Stand der Verhandlungen. Daraus, dass die Union mit mehr als gemischten Gefühlen in diese Sondierungen ging, macht Clemens keinen Hehl. „Es war durchaus ein längerer Zeitraum des Abtastens und Kennenlernens, und ich kann auch sagen, dass das auch noch eine Weile gehen wird“, sagt er beim Gespräch in der Dresdner Staatskanzlei.
Begrüßung in der Dresdner Staatskanzlei
Clemens: „Wir sind natürlich in vielen politischen Fragen weit auseinander, haben jetzt mal so ein erstes Vorsondierungspapier verfasst, wo wir ein paar inhaltliche Schnittmengen definiert haben. Im Gesundheitsbereich, im Wirtschaftsbereich, auch bei der inneren Sicherheit und bei Migration gibt es durchaus auch Schnittmengen zwischen BSW und CDU.“ Eine Prognose will der Staatskanzleichef allerdings noch nicht wagen, aber: „Ich habe den Eindruck, dass der Geist der Gespräche durchaus konstruktiv ist. Und das ist natürlich sehr, sehr ungewöhnlich, weil BSW und CDU auf dem Papier natürlich wenig miteinander zu tun haben. Aber es geht hier um eine Landesregierung in Sachsen. Wir wollen hier vor Ort für Sachsen etwas erreichen und da müssen jetzt eben ungewöhnliche Konstellationen zusammenkommen.“ Auf die Frage, welche Rolle Wagenknecht selbst in den Gesprächen spielt, sagt Clemens: „Sahra Wagenknecht ist jetzt hier nicht in der Staatskanzlei oder in den Gesprächen irgendwie beteiligt. Das ist eine Partei, die wie Sahra Wagenknecht heißt, da wird sie sicherlich irgendwie eine Rolle spielen. Aber wie gesagt, wir konzentrieren uns auf Sachsen und wir wollen hier vor allen Dingen mit den sächsischen Ansprechpartnern von BSW sprechen. Da lassen wir uns auch nicht von Berlin irgendwas diktieren.“
Ob man sich am Ende einigen wird und vor allem, ob die Parteibasis mögliche Kompromisse mitträgt, ist derzeit noch alles andere als ausgemacht. „Das kann man jetzt noch nicht sagen. Das ist zu früh. Wir sind ja noch nicht in Sondierungen und auch nicht in Koalitionsgesprächen. Wie das jetzt weitergeht, wird man sehen. Aber ein Auftakt ist gemacht.“
Dass die Situation für die Union alles andere als komfortabel ist, räumt aber auch Conrad Clemens ein: „Ja, ich sag’ mal so: Wenn es scheitert, wäre das keine gute Option. Aber natürlich lässt sich die Sächsische Union auch nicht erpressen.“
Conrad Clemens ist sich durchaus bewusst darüber, dass es an der Basis rumort und eine Koalition mit dem BSW kein einfacher Gang wäre.
Dass es an der Basis der sächsischen Union rumort und sich altgediente Granden in einem Brief schon gegen eine Kooperation mit dem BSW und für Gespräche mit der AfD aussprechen, weiß auch Clemens. „Wir werben an der sächsischen Basis für Unterstützung. Wir haben eine Reihe von Regionalkonferenzen geplant und werden natürlich auch am Ende auf einem Landesparteitag gemeinsam entscheiden. Es ist, wie ich schon gesagt habe, keine einfache Situation für uns als Sächsische Union. Wir hätten es uns anders gewünscht. Aber wir sind, und das muss man auch immer wieder sagen, wir sind stärkste Kraft geworden. (…) Und da müssen wir auch selbstbewusst sein und sagen: Wir sind hier die stärkste Kraft, und wir suchen uns einen kleineren Partner, um gemeinsam zu regieren und gemeinsam eine Mehrheit zu haben. Ich hoffe, dass am Ende die Partei, die Sächsische Union, auch diesen Weg mitgeht.“
Dieses Selbstbewusstsein schließe ausdrücklich die außenpolitischen Grundüberzeugungen der Union mit ein, so Clemens und verweist auf den gemeinsamen Gastbeitrag von Michael Kretschmer, Thüringens CDU-Chef Mario Voigt und Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD): „Auch das klare Bekenntnis zur NATO, zur Europäischen Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Die Stationierung der Mittelstreckenraketen, die da diskutiert wird, befürwortet Michael Kretschmer. Wir lassen uns hier nicht den Kompass nehmen, sondern unser Kompass ist klar. Unsere Verortung ist klar und das gilt genauso wie zur Position gegenüber Wladimir Putin wie auch zu Israel.“
Hier wird der CDU-Politiker im Gespräch energisch: „In diesen vielfältigen Herausforderungen, die Israel hat, stehen wir ganz fest an der Seite Israels. Der Freistaat Sachsen erkennt an, dass Israel sich hier verteidigt nach einem brutalen Angriff im letzten Jahr am 7. Oktober. Diese Solidarität ist nicht verhandelbar und wird auch durch kein landespolitisches Bündnis oder Gespräch in irgendeiner Form erschüttern können.“
Das ganze Gespräch finden Sie hier: