
Der thüringische Verfassungsschutzchef Stephan Kramer hat sich erneut alarmiert über den wachsenden Einfluss der AfD gezeigt. Die AfD sei eine ernsthafte Bedrohung für das demokratische System, weswegen deren wachsende Präsenz in staatlichen Strukturen ihm Sorgen bereite. In diesem Zusammenhang plädierte der 57-Jährige abermals für die Prüfung eines Parteiverbotsverfahrens gegen die AfD: Das Bundesamt für Verfassungsschutz habe zwar ein Gutachten zur Bundespartei vorgelegt, dieses sei aber wenig überzeugend. Es sei eine „dünne Suppe“, so Kramer. Die Welt berichtete zunächst.
Deswegen brauche es nun andere Mittel: Auf dem Stuttgarter Dokumentarfilm-Kongress Dokville erklärte Kramer am Freitag: „Wir haben eine signifikante Gefahrenstufe für unsere Demokratie erreicht. Die bisherigen Mittel wirken nicht.“ Die AfD würde, so Kramer weiter, durch ihre parlamentarische Vertretung und institutionelle Verankerung bereits jetzt die Demokratie „schädigen“. Daher sei es notwendig, dass der Staat klar Stellung beziehe: Es benötige „ein Signal des Staates, das sagt: Bis hierher und nicht weiter“.
Zugleich betonte er die Bedeutung einer aktiven Zivilgesellschaft und warnte vor Gleichgültigkeit gegenüber demokratischen Prozessen: „Demokratie ist kein Automatismus, der einfach weiterläuft“, sagte Kramer. Sie verlange Engagement und Dialogbereitschaft: „Demokratie ist Kontaktsport und bedeutet, mit Menschen zu diskutieren und sie zu überzeugen, aber auch zu akzeptieren, wenn jemand anderer Meinung ist“, so Kramer weiter.
Im Dezember vergangenen Jahres berichtete Apollo News exklusiv über schwere Vorwürfe gegen den Thüringer Verfassungsschutzpräsidenten Stephan J. Kramer. Monatelange Recherchen offenbarten dabei unter anderem, wie Kramer Gutachten manipulierte und mittels Bedrohung und Intrigen gegen kritische Mitarbeiter vorging.
Aus dem Thüringer Innenministerium, dem das Amt für Verfassungsschutz untersteht, und aus der Behörde selbst kam nur Schweigen: Weder wurden die Vorwürfe dementiert noch bekräftigt. Apollo News war deshalb, vertreten durch den Berliner Rechtsanwalt Walther Wegner, im Februar vor Gericht gezogen, nachdem das Thüringer Innenministerium einen presserechtlichen Auskunftsanspruch nach Paragraf 85 Absatz 3 des Thüringer Beamtenrechtsgesetzes abgelehnt hatte. Das Verwaltungsgericht Weimar gab am 23. April dem Antrag in Teilen statt und zwang das Innenministerium dadurch, mehrere Fragen zu einem zentralen Vorwurf gegen Kramer zu beantworten: So hatte Apollo News mehrere Fragen zu einem Disziplinarverfahren gestellt, das gegen Kramer eingeleitet worden war, nachdem er Interna aus dem Amt an zwei Journalisten des MDR, Ludwig Kendzia und Axel Hemmerling, weitergegeben hatte (Apollo News berichtete exklusiv).
Dass dieses Disziplinarverfahren stattgefunden hatte, konnte Apollo News bereits durch die Veröffentlichung von Auszügen aus einem internen Dokument des Thüringer Innenministeriums zeigen. Ende Mai war von Gericht die Existenz des Verfahrens gegenüber Apollo News dann auch von offizieller Seite bestätigt worden. So gab das Innenministerium nach dem Urteil an, dass das entsprechende Disziplinarverfahren „in der Zeit von Dezember 2018 bis November 2019“ geführt worden ist. Insgesamt wurden dabei sechs Zeugenvernehmungen durchgeführt (Apollo News berichtete).