„Klimaneutralität”: Wenn dieses Wort wirklich ins Grundgesetz kommt, war’s das für die deutsche Wirtschaft

vor etwa 1 Monat

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Was als pragmatische Einigung verkauft wird, könnte sich als der folgenschwerste wirtschaftspolitische Fehler der jüngeren deutschen Geschichte entpuppen: Die Bundesregierung plant, Klimaneutralität als Staatsziel ins Grundgesetz zu schreiben. Damit wird nicht nur ein umstrittenes Ziel juristisch zementiert, sondern auch die Tür für massive staatliche Eingriffe und milliardenschwere Schulden geöffnet.

Dieses Vorhaben ist Teil eines umfassenden Reformpakets, auf das sich Union, SPD und Grüne nach zähen Verhandlungen geeinigt haben. Kernstück ist die weitreichende Änderung des Grundgesetzes, mit der zusätzliche Kredite in dreistelliger Milliardenhöhe ermöglicht werden. Konkret soll ein Sondervermögen von bis zu 1500 Milliarden Euro geschaffen werden, das für Infrastrukturprojekte und Klimaneutralität genutzt werden soll – jenseits der Schuldenbremse. Besonders brisant: Bis zu einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts (etwa 44 Milliarden Euro) soll dauerhaft für Verteidigungsausgaben von der Schuldenbremse ausgenommen werden, ohne klare Begrenzung nach oben.

Die Grünen konnten in den Verhandlungen zentrale Forderungen durchsetzen. Dazu gehört unter anderem, dass von den 500 Milliarden Euro Infrastruktur-Sondervermögen ganze 100 Milliarden Euro explizit für den Klima- und Transformationsfonds vorgesehen sind – ein schwindelerregend teures Zugeständnis. Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge triumphierte: „Im Grundgesetz wird verankert, dass die Investitionen dem Ziel Klimaneutralität 2045 verpflichtet werden. Für uns in der Sache war das sehr wichtig.“

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Der umstrittenste Aspekt der Reform ist die geplante Verankerung der Klimaneutralität im Grundgesetz. Union und SPD haben sich darauf eingelassen, dass Deutschland qua Verfassung bald nur noch so viele Treibhausgase ausstoßen darf, wie es durch natürliche Senken oder Emissionshandel ausgleichen kann. Damit wird Klimaschutz nicht nur zum Staatsziel, sondern auch juristisch einklagbar. Karlsruhe hatte bereits 2021 mit einem Klima-Beschluss gezeigt, dass es Klimaziele durchsetzen kann. Wenn Klimaneutralität nun im Grundgesetz steht, könnten drastische Klimaschutzmaßnahmen vor Gericht erzwungen werden.

Kritiker warnen vor den wirtschaftlichen Folgen dieser Entscheidung. Der ehemalige Hamburger Umweltsenator Prof. Dr. Fritz Vahrenholt kritisiert auf X: „Zur heutigen Entscheidung von Friedrich Merz, den Grünen den Wunsch zu erfüllen, die Klimaneutralität Deutschlands für 2045 in das Grundgesetz zu schreiben, stelle ich fest: Es hat noch nie eine weitreichendere Entscheidung gegeben, die innerhalb von 3 Werktagen in dritter Lesung des Bundestags durchgewunken werden soll. Kein Land der Welt will 2045 Klimaneutralität erreichen, nicht einmal die EU.“

Auch die CDU-Politikerin Kristina Schröder sieht in der Grundgesetzänderung eine Bedrohung für den Standort Deutschland: „Klimaneutralität ohne Kernenergie bedeutet Deindustrialisierung.“ Ähnlich kritisch äußert sich der Chefredakteur von Apollo News, Max Mannhart: „Grüne Planwirtschaft und letztlich unvermeidliche Deindustrialisierung erhält damit faktisch Verfassungsrang.“

Der Schulden-Deal erscheint mir nicht wie reale Politik, sondern wie das Ergebnis eines PoWi-Planspiels für Zehntklässler, bei dem die Schüler mit verteilten Rollen "verhandelt" haben, nachdem sie Arbeitsblätter zum Thema "Klimaneutralität" lesen mussten.

Wirtschaftswissenschaftler Philip Plickert resümiert: „Kein nennenswertes Industrieland der Erde will bis 2045 ‚klimaneutral‘ werden und schreibt das sogar in die Verfassung. Es wird nicht gehen. Es sei denn um den Preis, dass Deutschland dann kein Industrieland mehr ist. Das ist einfach Wahnsinn.“

Die Entscheidung könnte für Merz auch politisch zur Zeitbombe werden. Während Union und SPD die Mega-Kredite bislang damit rechtfertigten, Deutschlands Wirtschaft zu stabilisieren und Energie günstiger zu machen, wurde diese Begründung durch den Deal mit den Grünen hinfällig. Nach der neuen Regelung werden die Schulden ausdrücklich zur Erreichung des Klimaziels aufgenommen – mit der Konsequenz, dass Klimaprojekte Vorrang haben. Fahrradwege vor Autobahnen – so könnte es künftig in der Verfassung stehen. Eine spätere Änderung ist nahezu unmöglich, da jede Verfassungsänderung eine Zweidrittelmehrheit benötigt. Damit könnten Linke und AfD, die jeweils über eine Sperrminorität verfügen, dauerhaft mitentscheiden.

Merz selbst verteidigt die Entscheidung: Alle Investitionen, die „zur Erreichung der Klimaneutralität getätigt werden, sind von der Schuldenbremse nicht betroffen. Und können mit 500 Milliarden über einen Zeitraum von 12 Jahren finanziert werden.“ Doch wie hoch der Preis für diese Einigung war, ist umstritten. Die Grünen haben nicht nur ein massives Klima-Sondervermögen durchgesetzt, sondern könnten mit der Verfassungsänderung Merz’ Kanzlerschaft bereits vor Beginn erheblich geschwächt haben.

Auch haushaltspolitisch birgt die Einigung Sprengstoff. Zwar gewinnt die Regierung Merz kurzfristig etwa 15 bis 20 Milliarden Euro finanziellen Spielraum, doch zugleich übernimmt sie ab 2026 ein Haushaltsdefizit von rund 20 Milliarden Euro. Dies bedeutet faktisch das Aus für viele sozialpolitische Projekte – allen voran die Mütterrente, die Merz einst als eines seiner zentralen Anliegen propagierte.

Juristisch blieb das Vorhaben ebenfalls umstritten. Linke und AfD versuchten erfolglos, die kurzfristige Abstimmung über die tiefgreifende Grundgesetzänderung zu verhindern. Das Bundesverfassungsgericht gab jedoch grünes Licht für das Vorhaben, sodass die scheidende Sitzverteilung im Bundestag noch genutzt werden kann, um die Reform durchzusetzen.

Das Ergebnis: Die Schuldenbremse wird faktisch ausgehebelt, die Wirtschaftspolitik an ein striktes Klimaziel gebunden und zukünftige Regierungen mit kaum revidierbaren Verpflichtungen belastet. Wenn dieses Vorhaben Realität wird, könnte es das endgültige wirtschaftspolitische Aus für Deutschland bedeuten.

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