Tausende Verfahren wegen Politikerbeleidigung in ganz Deutschland

vor 5 Monaten

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Bildquelle: Apollo News

„In einer Demokratie darf man die Herrschenden Idioten, Schwachköpfe, Deppen nennen. In Diktaturen wird man dafür strafrechtlich verfolgt. Als Ministerpräsident wurde mir oft vorgeschlagen, beleidigende Tweets mit Strafanzeigen zu verfolgen. Bis heute unterzeichne ich solche nur bei Morddrohungen“, so äußerte sich der ehemalige Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet, zu der aktuellen Debatte über die Strafverfolgung von Beleidigungen gegen Politiker.

Diese Haltung teilt jedoch offenbar nicht jeder. Viele seiner Kollegen scheinen einen anderen Weg einzuschlagen. Im Zuge der Diskussion fragte Apollo News bei sämtlichen Staatsanwaltschaften in Deutschland nach. Ziel war es, einen Überblick darüber zu erhalten, wie viele Verfahren – und damit auch verbundene Durchsuchungen – aufgrund von Beleidigungen, übler Nachrede oder Verleumdung nach § 188 StGB, also gegen Personen des politischen Lebens, eingeleitet wurden.

Ein Großteil der Staatsanwaltschaft konnte die Frage aufgrund von mangelnden Statistiken nicht beantworten. Aus den Zahlen der Staatsanwaltschaften, die, die Fragen beantworten konnten, geht hervor, dass mehr als mindestens 1300 Verfahren wegen Politikerbeleidigung in den letzten drei Jahren in Deutschland geführt wurden. Die Dunkelziffer dürfte noch um einen Großteil höher sein.

Bemerkenswert ist unter anderem die Antwort der Staatsanwaltschaft Würzburg, die mitteilte, dass die „Zahl derartiger Verfahren in letzter Zeit steigt.“ Die Staatsanwaltschaft Würzburg war verantwortlich für die Hausdurchsuchung bei der alleinerziehenden Mutter (Apollo News berichtete exklusiv). Dass die Zahlen solcher Verfahren tatsächlich steigen, lässt sich beispielhaft an der Antwort der Staatsanwaltschaft Münster ersehen. Waren es im Jahr 2021 und 2022 noch jeweils 17 Ermittlungsverfahren, stieg die Zahl in 2023 auf 26 Ermittlungsverfahren. Und in diesem Jahr stieg die Zahl solcher Verfahren in Münster nochmals um ein Vielfaches. Bislang gab es bereits 137 Ermittlungsverfahren nach § 188 StGB im Jahr 2024.

Auch in Halle zeigt sich ein ähnliches Bild. Gab es 2022 noch elf Verfahren, stieg die Zahl in 2023 auf 61 Verfahren. Und dieses Jahr wuchs die Zahl, zum Stand des 20. Novembers, nochmals um 20 auf 81 Verfahren gegen Personen, die Personen des politischen Lebens beleidigt haben sollen.

Für einige Politiker scheint das Anzeigen von Beleidigungen eine Art Hobby zu sein. So erklärte die Staatsanwaltschaft im baden-württembergischen Offenburg, dass „durchschnittlich“ pro Monat „eine niedrige einstellige Anzahl an Anzeigen im Zusammenhang mit dem Tatvorwurf der gegen Personen des politischen Lebens gerichteten Beleidigung, üblen Nachrede und Verleumdung (§ 188 StGB) bearbeitet“ werden.

Dass die Dunkelziffer der Verfahren weitaus höher liegen muss, zeigen Zahlen aus der Bundesregierung. Allein die Bundesminister Robert Habeck und Annalena Baerbock haben in ihrer Funktion als Regierungsmitglieder zusammen über ebenfalls schon 1.300 Strafanzeigen wegen Beleidigung oder Bedrohung gegen einfache Bürger gestellt (Apollo News berichtete). Der Fall, der diese Entwicklung ans Tageslicht brachte, war eine Hausdurchsuchung im fränkischen Burgpreppach.

Robert Habeck stellte Strafantrag wegen einer Beleidigung auf der Plattform X, nachdem der 64-jährige Mann einen Tweet geteilt hatte, in dem Habeck als „Schwachkopf“ bezeichnet wurde. Die Staatsanwaltschaft Bamberg erwirkte daraufhin einen Durchsuchungsbeschluss und ließ seine Wohnung durchsuchen (Apollo News berichtete hier, hier und hier). Außerdem stellte der Wirtschaftsminister einen Strafantrag wegen Beleidigung, weil eine Frau ein Meme teilte, das formell ein Falschzitat Habecks enthielt, tatsächlich jedoch eine sinngemäße Wiedergabe von einer Aussage Habecks war (Apollo News berichtete exklusiv).

Die Hausdurchsuchung bei der alleinerziehenden Mutter führte daraufhin zu einem Schaden von mehreren tausend Euro. Denn sie musste eine Strafe zahlen und sich ein neues Handy und einen neuen Computer kaufen, weil die Polizei ihre Geräte konfisziert und erst mehrere Monate später wieder zurückgegeben hatte. Der Grund für die lange Beschlagnahmung: zu wenig Kapazitäten bei der Polizei (lesen Sie mehr).

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