
Während die Union für ihre Schuldenpläne massiv in der Kritik steht, nimmt die SPD das Getöse nur von der Seitenlinie wahr. Sie konnte der Union einen großen Teil der eigenen Wahlversprechen unterjubeln – die Kritik dafür ernteten die Christdemokraten. Nach der Schuldenbremse und der Migration haben sich CDU und sogar CSU mit der Aufnahme der sogenannten Klimaneutralität an die Grünen angebiedert – die linken Kräfte haben somit alles erreicht, was mit der Union unter Friedrich Merz möglich gewesen wäre.
Wie es jetzt mit Deutschland weitergehen soll, ist ungewiss. Ein dabei unbeachtetes Szenario ist der große Bruch zwischen Sozialdemokraten und Merz, noch bevor dieser Kanzler werden kann. Sollte die für die Schuldenpläne notwendige Grundgesetzänderung in der kommenden Woche im alten Bundestag beschlossen werden, wäre das Sondervermögen für die kommenden Jahre gesichert.
Dann stünde die Tür für die Sozialdemokraten offen, eine Minderheitsregierung mit den Grünen und den Linken anzuvisieren. Gegebenenfalls kommt es dann zu Neuwahlen, weil die drei Parteien nicht mehrheitsfähig sind – die Union wäre jedoch maximal gedemütigt worden und stünde dann vor einem sehr schweren Wahlkampf, aus dem sie kaum als Sieger hervorgehen könnte, immerhin hat sie das Vertrauen der Wähler massiv in Mitleidenschaft gezogen.
Selbst wenn es nicht so kommt: Dass CDU und CSU in eine Situation geraten sind, in der solche Szenarien möglich sind, obwohl sie im Wahlkampf zuvor noch mit Stärke und einem souveränen Deutschland geworben hatten, spricht Bände. Solingen, Magdeburg, Aschaffenburg: Drei Anschläge hatten die innenpolitische Werbetrommel der Union befeuert. Das unsortierte Ampel-Aus, die wirtschaftliche Schwäche Deutschlands, das zweite Rezessionsjahr in Folge und der Atomausstieg zum falschen Zeitpunkt spielten der Union in die Karten – allein umsetzen konnten sie das Momentum nicht.
Trotz zwischenzeitlicher Hochphasen mit über 33 Prozent in der zweiten Jahreshälfte 2024 sackte die CDU bei der Bundestagswahl auf 28,5 Prozent ab. Und obwohl die SPD mit 16,4 Prozent ein historisch schlechtes Ergebnis erzielte und die Grünen nur noch auf 11,6 Prozent der Stimmen kamen, konnten beide die Union vorführen und diktierten die Sondierungsverhandlungen und die Gespräche danach – obwohl die SPD nur als Juniorpartner infrage kommt und die Grünen nicht einmal an einer Regierungsbildung beteiligt sind.
Für beide könnte es bei Neuwahlen eigentlich nur bergauf gehen. Für die Union ist die Fallhöhe nach wie vor hoch, sie könnte auch unter das historisch schlechte Ergebnis von 24,1 Prozent fallen, das die Partei 2021 eingefahren hatte. Zwei Parteien könnten von diesem Szenario profitieren: die AfD und die Linke. Während SPD und Grüne wenigstens mit der Linken zusammenarbeiten – im Moment hält die CDU noch an einem Unvereinbarkeitsbeschluss fest –, verhindert die Brandmauer weiterhin eine Koalition mit der AfD.
Und so könnte sich Merz als größter Flop der CDU-Geschichte und kürzester Soll-Kanzler der Geschichte erweisen. Ließe sich die Union tatsächlich von SPD und Grünen an der Nase herumführen, würde sie die politische Krise dieses Landes noch einmal aufzeigen und verstärken. So oder so wird sie mit dem Sondervermögen ein Projekt mit zerstörerischem Potenzial in die Wege leiten und so Deutschlands wirtschaftliche Schwäche nicht nachhaltig verändern.